ist Stahl noch sexy ?
Ist deutscher Thyssen-Krupp-Stahl sexy ? Nach Ansicht der IG-Metall nicht nur der von Thyssen-Krupp. Man könnte aber auch sagen, Stahl ist sexy aus Verzweiflung, denn seit dem Stahl-Aktionstag in 2016, wo 15.000 Beschäftigte aus der Stahlindustrie in Brüssel für fairen Handel, sichere Arbeitsplätze und effektive Handelsschutzinstrumente auf die Strasse gingen, ist nichts mehr, so wie es war. Denn der EU-Emissionshandel soll verschärft werden.
Hinzu kommt, das China knapp die Hälfte des Welt-Rohstahls produziert und Thysssen-Krupp wie auch andere einst große Namen in der Stahlbranche fast bedeutungslos geworden sind. Neben den bestehenden hohen Schulden hat die Corona-Krise Thyssen-Krupp genau so wie die Automobilindustrie negativ belastet. Und wenn die Vorstandsvorsitzende Martina Merz von großen gewaltigen Herausforderungen spricht, dann sind die Opfer unausgesprochen schon benannt: die Beschäftigten. Die sollen die Zeche als erste mit Kurzarbeit bezahlen. Aber auch Entlassungen dürften auf mittlere Sicht nicht ausgeschlossen sein. Denn das Geschäftsjahr 2019/20 endete mit einem Verlust von 1, 3 Mrd. EUR.
stahlharte Zeiten
Klima oder Arbeitsplätze retten ?
Da man das Klima nicht retten kann sind wir eindeutig für Arbeitsplatzrettung. Allerdings sind die Rahmenbedingungen für die deutsche Stahlindustrie aufgrund der Energiewendepolitik und wegen des Billigstahls aus China alles andere als rosig. Um die 1,3 Mrd. EUR Verlust auszugleichen, hat Thyssen-Krupp Finanzchef Klaus Keysberg daher bei der KfW-Bank einen Kredit in Höhe von 1 Mrd. EUR aufgenommen. Dieser soll mit den Einnahmen aus dem Ende des Jahres anstehenden Verkaufs der Aufzugs-sparte zurückgezahlt werden soll. Die rentable Aufzugssparte wurde für 17,2 Mrd. EUR verkauft. Hierüber berichteten wir bereits ausführlich. (hier)
Quellenhinweise:
Labournet.de vom 11.11.2016; Detektor.fm vom 11.04.2016; Süddeutsche Zeitung vom 10.01. 2020; Der Aktionär.de vom 26.03.2020; Bild-Zeitung vom 12.05.2020; IG-Metall-Pressemitteilung vom Mai 2020; Frankfurter Allgemeine-Zeitung vom 12.05.2020 sowie RK-Redaktion vom 12.06. 2020
Fotonachweise:
oben links: Thyssen-Krupp-Hauptverwaltung Essen: Dietmar Wiedemann; Thyssen-Krupp-Logo-Entwurf: Revierkohle; rechts daneben: Stahlfertigung: David Mark, künstlerische Veränderung: Revierkohle; Mitte: flüssiger Stahl: pixabay.com; links darunter: Löschturm Duisburg-Schwelgern: Olle August, pixabay.com
Das ist bitter. Schließlich zählt die Auf-zugssparte zum Tafelsilber des Essenener Traditionsunternehmens und bildete zu-sammen mit der Kohleindustrie im letzten Jahrhundert die beiden wichtigsten Wirt-schaftssäulen im Ruhrrevier. Welche enorme Bedeutung Thyssen und Krupp für das Revier hatte, wird im Ruhr-Museum auf Zollverein sehr anschaulich erzählt.
Nunmehr kämpft das Unternehmen aber um die eigene Zukunft und muß eine tragfähige Strategie entwickeln, um das angeschlagene Stahlgeschäft wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Die Corona-Pandemie schlug sich auch auf das operative Geschäft nieder. Allein die Stahlsparte machte im ersten Quartal 2020 einen Verlust von 372 Mio. EUR. Das ist kein Pappenstil.
FOLGEN EINER STANDORTGEFÄHRDUNG
Vor allem die Produktionsstopps in der Automobilindustrie machen Thyssen-Krupp schwer zu schaffen. Schließlich sind die Automobilhersteller die wichtigsten Kunden. Kurzarbeit wird daher die Folge sein, so Thyssen-Krupp-Betriebsratschef Tekin Nasik-kol. Und IG-Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner sekundiert: die Arbeitnehmerseite wird die Neuordnung mittragen.
Auch wenn die politischen und wirtschaft-lichen Rahmenbedingungen derzeit für Thyssen-Krupp nicht so gut sind, darf nicht verschwiegen werden, dass ein beträchtlicher Teil dieser Misere durch das Unternehmen selbst verschuldet wurde.
Erinnert sei an Mr. „Desaster“, Ekkehard Schulz. Der ehemalige Thyssen-Chef fädelte 2011 die Fusion mit Krupp ein und wollte das neue Unternehmen zum größten Stahlprodu-zenten weltweit machen.
Sein Expansionsdrang führte dazu, dass der Bau eines Walzwerkes in den USA und eines Stahlwerkes in Brasilien zum Desaster wurde. Beide Werke mußten mit einem Mrd.-Verlust verkauft werden. Und das war nicht die einzige Fehlentscheidung, die das Unter-nehmen in die Schieflage brachte.
Sollte die Stahl-und Autobranche in Deutsch-land den Bach runter gehen, dann wäre auch der Industriestandort Deutschland Ge-schichte. Die Energiewende muß daher aus-gebremst werden. Denn was nutzen O % CO2-Emissionen, wenn Arbeitsplätze zu Hunderttausenden wegbrechen ?
Wie dramatisch eine Krise sein kann, zeigen die Corona-Folgen in den USA. Im Mai 2020 wurden 33 Mio. Arbeitslose registriert.