Fördergerüst wird abgerissen und Hängepumpenbetrieb eingerichtet
Obschon auf der ehemaligen Zeche Haus Aden 1/2 in Bergkamen seit 2001 keine Kohle mehr gefördert wird, war Schacht 2 bis April 2020 noch in Betrieb. Dort wurden jedes Jahr rd. 33 Mio. Kubikmeter Grubenwasser gefördert. Die Pumpen standen bisher in 923 m Tiefe und wurden regel-mäßig von den Mitarbeitern der RAG-Abteilung Technik und Logistikdienste gewartet. Doch damit ist nun Schluß. Die letzte Seilfahrt fand schon Ende 2019 statt. Der Betrieb ruht seitdem. Nun wird der Schacht bis Ende des Jahres mit Hüllrohren versehen und auf Hängepumpenbetrieb umge-stellt.
Bedauerlicherweise unterstützt die RAG das Projekt „Wasserstadt Bergkamen.“ Hierüber berichteten wir bereits ausführlich in 2001. Daher will die RAG bei der Umgestaltung des Grubenwasser-standortes Rücksicht nehmen auf die Gesamtplanung des ehemaligen Zechenareals. Und diese Rücksichtnahme erfordert offenbar ein neues Funktionsgebäude, welches sich harmonisch an die umliegende Gesamtarchitektur anpassen soll. Mit anderen Worten: der ehrwürdige Förderturm Haus Aden 2 soll fallen. Denn die Erhaltung ist mit den Planungen angeblich nicht vereinbar.
Wir glauben das nicht und halten diese Entscheidung für falsch. Denn auf den anderen Grubenwasserstandorten bleiben die Förd-ergerüste stehen. So sollte man mit der Industriegeschichte nicht umgehen. Schließlich ist Haus Aden die letzte Landmarke, die noch an den Bergbau in Bergkamen erinnert.
So wurde z.B. Schacht 1 bereits 2005 gesprengt. Von Schacht 6 ist nur noch eine Protegohaube zu sehen und an Schacht 7 erinnert nur noch ein mickriges Schachtrohr.
Was soll die nachfolgende Generation da noch „mit allen Sinnen wahrnehmen“, um ihre Geschichte zu begreifen ? Das geht in der Tat am Besten nur im wortwörtlichen Sinne mit be“greifen.“ Also anfassen, staunen, Fragen, verinnerlichen, lesen und weitergeben.
Die Dimension des Deutschen Steinkohlenbergbaus lässt sich nicht erfassen, wenn man nur auf einige verbliebene Museumszechen verweist. Jede ehemalige Bergbaustadt an Rhein und Ruhr sollte auf einen erhalten gebliebenen Förderturm verweisen können.
Denn die Fördertürme waren der Ausdruck von Prosperität, Wohl-stand und Solidarität. Die Städte waren Nutznießer. Es ist daher unbegreiflich, warum die Stadt Bergkamen und die RAG abermals so gedankenlos diese Chance vergehen läßt.
Und mit dem Todschlagargument „die Kosten sind zu hoch“ hätte überhaupt kein Bau architektonische und historische Bedeutsam-keit erlangt. Dann würden wir nur noch von langweiligen Funktionsbauten in Quadrat-oder Rechteckform umgeben sein. Dann wäre wahrscheinlich auch der Eiffelturm in Paris und viele andere Sehenswürdigkeiten nie gebaut worden.
Betriebswirte und Ingenieure sollten in industriegeschichtlich bedeutsamen Fragen daher nie das letzte Wort haben. Das hatte vor längerer Zeit bereits unser Mitglied und Retter der Berg-arbeitersiedlung Eisenheim in Oberhausen, Prof. Dr. Roland Günter, erkannt und zahlreiche Bücher zu diesem Thema veröffentlicht. Unbedeutend ist diese Kritik daher nicht.
Planerische Mitteilung wurde eingereicht
Damit der Grubenwasserbetrieb auf Haus Aden 2 wieder aufgenommen werden kann, muß man das Einleiten und Heben von Grubenwasser bei der Bergbehörde, Ab-teilung 6, Bergbau und Energie des Landes NRW genehmigen lassen. Dazu bedarf es eines Antrages.
Dieser nennt sich im umständlichen Amtsdeutsch „Planerische Mitteilung.“ In dieser Mitteilung muß die RAG langatmig erklären, warum sie mit der Grubenwass-erhaltung weitermachen will bzw. muß.
Die sog. wasserrechtliche Genehmigung wiederum ist Voraussetzung dafür, das Grubenwasser in die Lippe eingeleitet werd-en darf. Begleitet wird das ganze noch mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung, einer weiteren Anhörung von Trägern öffentlicher Belange, Expertisen von Wissenschaftlern und letztendlich noch mit der TÜV-Abnahme der Maschinen, der Hebetechnik und der Pumpen im neuen Pumpenhaus über dem Schacht.
FERTIG ?
Nicht ganz !
Danach muß Haus Aden 2 in das neue Gesamtkonzept der Grubenwasserhaltung eingebunden werden. Denn Haus Aden 2 wird das Grubenwasser in Zukunft zu-sammen mit den neuen Hängepumpen-betrieben Walsum in Duisburg, Heinrich 3 in Essen-Überruhr, Friedlicher Nachbar in Bochum und Robert Müser in Bochum über kilometerlange Rohrsysteme und über Steig leitungen das Grubenwasser zur zentralen Grubenwasserhaltungszeche Lohberg nach Dinslaken weiterleiten.
Von dort soll es dann gehoben und in den Rhein bei Voerde verklappt werden.
Insgesamt werden dann im Ruhrrevier rd. 70. Mio. Kubikmeter Grubenwasser pro Jahr gefördert. Hinzu kommen noch einmal 30 Mio. Kubikmeter, die am Standort Duhamel in Ensdorf aus dem ehem. saarländischen Revier hinzukommen. Der Standort Lohberg soll bis 2030 fertiggestellt werden.
Aus diesem Grund muß dass Grubenwass-erniveau nivelliert werden. Sprich: es soll bis auf 500 Meter und auf Haus Aden bis auf 630 Meter NN steigen. Auf diese Weise will man die Kosten für die Wasserhebung senken. Immerhin schlagen diese mit rd. 220 Mio. EUR pro Jahr zu Buche.
Der Abstand zum Trinkwasser von 250 m muß dabei eingehalten werden, damit dieses nicht mit dem Grubenwasser in Berührung kommt. Denn Grubenwasser ist sauer, salzhaltig, mineralstoffhaltig und z.T. auch schadstoffhaltig.
Genauer erklären wir Ihnen das in unserem neuen Podcast, den Sie oben links oder in unserer Mediathek finden.
Letztendlich handelt es sich aber um Regenwasser, welches Mineralien und Sedimente bei seinem Weg in die ehe-maligen Sumpfstrecken der stillgelegten Bergwerke mitreisst. Das Grubenwasser und das Trinkwasser wird daher regelmäßig kontrolliert und beprobt.
Alle Grubenwasserzechen werden von der neuen Grubenwasserleitwarte auf der ehem. Schachtanlage Pluto in Herne Tag und Nacht überwacht.
Und sollte einmal ein ganzer Pumpstandort komplett ausfallen, hält die RAG für diesen Fall weitere Sicherungsstandorte vor. Dazu gehören z.B. die Schachtanlagen Zollverein XII in Essen, Fürst Leopold in Dorsten, Carolinenglück in Bochum und Prosper-Haniel in Bottrop. An diesen Standorten befinden sich Hüllrohre, in denen Pumpen eingelassen werden können.
Was allerdings nie passieren darf: ein Stromausfall über mehrere Wochen. Das wäre dann allerdings weitaus schlimmer als die Corona-Pandemie dieser Tage.
Quellenhinweise:
Machbarkeitsstudie Zentrale Wasserhaltung Lohberg, RAG AG (Hrsg.), Essen 2020; DMT-Stoffprognose Grubenwasser, Tabelle 2, Anlage 14, Bochum 2019; RAG-Pressemit-teilung vom 20.04.2020; Haus Aden- ein Standort der Grubenwasserhaltung, RAG AG (Hrsg.), Essen o.J.; Blach, Bernhard: zentrale Grubenwasserhaltung, in: Jahrbuch für En-ergiepolitik und Montankultur, Revierkohle (Hrsg.), Hamburg 2012, S. 30-37 sowie RK-Redaktion vom 15.07.2020
Headerfoto: RAG AG