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Braunkohle: Kretschmer kritisiert früheren Kohleausstieg

kOHLEkomPROMISS MASSIVER VERTRAUENS-BRUCH

DURCH SPD UND FDP

Die Ampel-Sondierer von SPD, Grünen und FDP wollen acht Jahre früher aus der Braunkohle aussteigen als bisher vertraglich vereinbart war. Statt 2038 wäre dann schon 2030 Schluß mit einer sicheren Energieversorg-ung in Deutschland. Den dann enstehenden Versorg-ungsengpass sollen die erneuerbaren Energien im Verbund mit neuen fossilen Gaskraftwerken ausgleich-en.

Das hält sowohl der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) als auch der Vizechef des Dresdner-Ifo-Instituts für nicht machbar und gefährlich. Den geplanten vorzeitigen Kohleausstieg bezeichnete Kretschmer als einen großen Vertrauensbruch, da der Kompromiss 2038 hart errungen worden sei. Für die betroffenen Regionen und die Arbeitsplätze bei der LEAG und der MIBRAG sei das eine ganz bittere Entwicklung in einem strukturschwachen Land.

Foto: Screenshot, Youtube
Joachim Ragnitz, Vizechef des Dresdner-Ifo-Instituts, Foto: Screenshot, Youtube

Kretschmer kritisierte die neue Bundesregierung dahingehend, dass diese kein tragfähiges Konzept für eine sichere und preiswerte Energieversorgung auf den Tisch gelegt hätte. Den Beteiligten Akteuren warf Kretschmer vor, dass ihnen offenbar nicht bewußt sei, dass sie Verantwortung für das größte Industrieland Europas haben. Ähnlich äußerte sich auch der Ministerpräsi-dent von Sachsen-Anhalt, Reiner Haselhoff. Er befürchtet, dass durch die Beendigung des Braunkohleabbaus eine Energiebedarfslücke entstehen wird, die man nicht so einfach schließen könnte.

In dieser Hinsicht haben beide Politiker aus unserer Sicht absolut recht. Das Beispiel Ruhrgebiet zeigt, dass durch die zahlreichen Zechenschließungen in den letzten 40 Jahren sowie der endgültigen  Beendigung der Steinkohlen-produktion in 2018 das Revier sich „zu Tode strukturwandelt.“ Die verloren gegangenen und gut bezahlten Industriearbeitsplätze in der Kohle-und Stahl-industrie konnten auch nicht annähernd ersetzt werden. Dementsprechend desolat stellen sich die Revierstädte, die Haushalte und die Infrastruktur dar. Von den vielen desillusionierten Menschen ganz zu schweigen. Der Politik ist es nicht gelungen, neue „blühende Industrielandschaften“ im Ruhrgebiet an-zusiedeln. Die gleichen Fehler werden jetzt in den Braunkohlerevieren be-gangen.

Offensichtlich hat Prof. Dr. Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden genau diese Situation vor Augen, wenn er fordert, dass die 40 Mrd. EUR , die die  Bundesregierung für den Ausstieg bereitstellt, stärker für den Aufbau von neuen Arbeitsplätzen verwendet werden sollten. Schön gesagt. Aber die Realität lässt das in den strukturschwachen Regionen Sachsens und Sachs-en-Anhalts noch weniger zu als im Ruhrgebiet. Und schon gar nicht bis 2030. Außerdem ist laut dem Strukturstärkungsgesetz eine direkte Investitionshilfe für Unternehmen gar nicht erlaubt.  Daher wird es wahrscheinlich nur zu Fassadenmalereien und Standortverlagerungen von Universitäten, Behörden und Kultureinrichtungen kommen.

Die betroffenen Bergleute und ihre Familien werden davon wenig haben.  Abfindungen werden das Gefühl „nicht mehr gebraucht zu werden“ mit Sicherheit nicht ersetzen können. Und hier liegt dann auch der Bodensatz für neue politische Unruhen. Jungen Menschen und Familien werden gezwungen sein, das Land mangels zukunftsträchtiger Arbeitsplätze zu verlassen. Der Strukturbruch wird daher noch gravierender ausfallen als im Revier. Dies gilt vor allem für die Lausitz. Und wofür das alles? Für nichts ! Denn die Rettung des Klimas ist und bleibt eine Illusion.

Beispiel Tagebau Vereinigtes schleenhain braunkohle sichert die grundlast

Trotz allem medialem Untergangsgeschrei ist die Braunkohle in Deutschland immer noch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Branche beschäftigt in den west-und ostdeutschen Revieren rd. 20.000 Menschen und förderte in 2020  107 Mio T Braunkohle.

Zu den großen Lagerstätten im Süden der Leipziger Tieflandsbucht gehört der Tagebau Vereinigtes Schleenhain. Dieser besteht aus den Abbauffeldern Peres, Schleenhain und Groitzscher Dreieck.  Die Mitteldeutsche Braunkohle AG (MIBRAG) fördert allein in diesem Tagebau rd. 8 Mio T Braunkohle pro Jahr. Das Alter der Braunkohle beträgt rd. 20 Mio. Jahre. Hauptabnehmer ist das Kraftwerk Lippen-dorf. Das Kraftwerk beliefert 60 % aller Leipziger Haushalte mit Fernwärme. Windkraftanlagen sind dazu nicht in der Lage.

In Westdeutschland wird Braunkohle in den Tagebauen Garzweiler II, Inden, Hambach, Amsdorf und Profen von RWE abgebaut. In Ost-deutschland von der MIBRAG und der LEAG in den Tagebauen Vereinigtes Schleenhain, Welzow-Süd, Jänschwalde, Nochten und Reichwalde.

BRAUNKOHLEKRAFTWERK DEUBEN IST VOM NETZ GEGANGEN

Industrie-Braunkohle-Kraftwerk Deuben, Foto: Screenshot, Youtube
Foto: Screenshot, Youtube

Nach 85 Betriebsjahren wurde das Mibrag-Braunkohle-Kraftwerk Deuben mit seiner 85 MW-Leistung am 8.12.2021 außer Betrieb gesetzt. Die 200 Mit-arbeiter waren über das Aus entsetzt, da sie erst kurfristig darüber informiert wurden, dass die Mibrag den Zuschlag gem. Kohleverstromungsbeendi-gungsgesetz (KVBG) von der Bundesnetzagentur erhielt. Offenbar hatten sie nicht damit gerechnet, dass die Bundesnetzagentur das Kraftwerk für nicht systemrelevant hält. Das Aus trifft auch die angeschlossene Staub-und Brikettfabrik Deuben. Die Mitarbeiter erhalten ein Anpassungsgeld (58 bis 63 jährige) oder werden von der Mibrag in einen anderen Bereich verlegt.

Bitterer kann man das Wörtchen „Kahlschlag“ nicht buchstabieren. Denn im Kraftwerk Deuben arbeiteten zu DDR-Zeiten noch mehr als 10.000 Menschen. Damals nannte sich das Kraftwerk noch „VEB Braunkohlenwerk Ericht Wein-ert Deuben.“ Braunkohle war der Treibstoff der DDR-Wirtschaft. Nach der Wende 1990 wurde das Kraftwerk und die Brikettfabrik saniert und mit einer neuen Entstaubungsanlage für rd. 85 Mio. EUR ertüchtigt. Die Luft wurde spürbar besser. 

Die Sicherstellung von Strom und Wärme soll nun vom Braunkohlekraftwerk Wählitz wahrgenommen werden.

Das im Kraftwerk bei der Abschiedsfeier etliche Tränen flossen und viel Wehmut in der Luft lag, ist nicht verwunderlich. Schließlich arbeiteten die meisten Mitarbeiter Jahrzehnte im Kraftwerk und bildeten ein familien-ähnliches Team. Damit ist nun leider Schluß. Unabhängig vom Anpass-ungsgeld und von der Tatsache, das Niemand der Betroffenen arbeitslos wird, stellen sich dennoch ein paar Fragen. Was passiert zum Beispiel mit dem Kraftwerksgelände? Wie soll es in Deuben wirtschaftlich weiter-gehen? Schon vor dem Ende des Kraftwerks gab es in Deuben viele Wohnungsleerstände. Die Jüngeren Bewohner sind schon lange weg-gezogen.

Grunbenanschlussbahn der MIBRAG in Deuben, Foto: Screenshot, Youtube

Einer, der auf diese Fragen eine Antwort geben müßte, ist der Bürger-meister von Teuchen, Marcel Schneider. Leider wurde Herr Schneider angeblich auch von der kurfristigen Stillegung überrascht und kann daher nur mit den Schultern zucken. Als Stichwort fällt ihm Bildung ein. Daher möchte er Geld in eine neue Grundschule stecken.

Das dürfte aber wohl kaum reichen, um den Strukturbruch zu verhindern. Denn die MIBRAG hat bereits angekündigt, bereits Anfang 2022 400 weitere Arbeitsplätze abzubauen. 

Eines könnte allerdings in der nicht so rosigen Zukunft weiterhin Bestand haben: das Bergbaumuseum Deuben in der Schulstrasse 65.

Quellenhinweise:

MDR vom 29.08.2021, 19:50 h;  15.10.2021, 19:38 h und 20.10.2021; 07:02 h; ZDF vom 20.09.2018, 15:25 h; MIBRAG.de (Tagebau Vereinigtes Schleenhain); Leipziger Volkszeitung vom 21.10.2021 und 26.Okt. 2021 sowie RK-Redaktion vom 14.12.2021 

Header-Fotonachweis:

Braunkohle-Tagebau-Schaufelbagger: Michael Gaida, pixabay.com

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