Es ist gerade erst einmal 3 Monate her und doch wirkt alles wie aus einer anderen Welt seit dem 24.02.2022. An diesem Tag überfiel Putins Armee die Ukraine. Damit ging eine echte Zäsur einher. Man mußte sich von Egon-Bahrs-Politik des Wandels durch Handel ebenso verabschieden wie von der An-nahme einer echten Partnerschaft zwischen Russland, der EU und den USA.
Und man mußte notgedrungen auch die Prioritäten in der Energiepolitik durch die steigenden Preise bei Öl, Gas und Kohle ändern. Schließlich bezieht Deut-schland zu 55 % Gas aus Russland und ist daher in hohem Maße abhängig von der sicheren Lieferung.
Die Versorgungssicherheit ist allerdings auch ohne den Ukrainekrieg ge-fährdet. Der Krieg macht das nur viel deutlicher. Da wäre der weitere Ausbau der regenerativen Energieträger zu nennen, der eine Bedrohung aller erster Güte schon seit Jahren darstellt. Das sagen Übrigens nicht nur wir, sondern auch das Bundesamt für den Katastrophenschutz. Einen flächendeckenden Stromausfall hält das Bundesamt für die größte Gefahr vor allen anderen Gefahren wie z.B. einem Cyberangriff auf die Netzinfrastruktur.
Und anstatt die Stunde zu nutzen und sich gesichtswahrend komplett von der Energiewendepolitik zu verabschieden und sich wieder einem realistischen Energiemix zuzuwenden, der die fossilen Rohstoffe nicht verteufelt, schwadroniert ausgerechnet FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner von „Freiheitsenergien“ und meint damit den weiteren Ausbau von Wind- und Sonnenkraftwerken, um die Abhängigkeit von Russland zu redu-zieren.
Bundeswirtschaftminister Robert Habeck (Grüne) sekundierte mit den Wort-en, man müsse die erneuerbaren Energien jetzt sogar in „Tesla-Geschwindig-keit“ ausbauen, um die Abhängigkeit von Russland zu beenden.
Die in nur 9 Monaten in Brandenburg errichtete 1,069 Mrd. Euro teure Tesla-Gigafaktory soll mit rd. 10.000 Beschäftigten den neuen Elektro-SUV Y für den Anfangspreis von schlappen 60.000 EUR bauen. Für die geplanten 500.000 Autos, die pro Jahr von den Bändern laufen sollen, verbraucht das neue Werk rd. 1,4 Mio. Kubikmeter Wasser pro Jahr. Und dieses Wasser kommt aus-gerechnet aus einem Wasserschutzgebiet. Und das die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien nicht umweltfreundlich ist, haben wir bereits in mehreren Redaktionsbeiträgen dokumentiert. (> hier und > hier)
Für die Herstellung der Batterien wird neben Lithium auch Kobalt, Zink, Mangan und Graphit benötigt. Der Förderpreis für Kobalt ist mittlerweile auf über 54.000 US-Dollar und für Lithium auf 51.715 US-Dollar pro Tonne gestiegen. (Stand: 23.03.2022)
Durch Zulassung von weiteren E-Autos wird der Strombedarf rasant steigen. Da stellt sich die Frage, woher dieser Strom kommen soll. Grüner Strom aus Windkraftanlagen wird mit Sicherheit keine gesicherte Leistung zur Verfüg-ung stellen könnne. Und für die Entsorgung der Batterien wird ebenfalls jede Menge Strom benötigt. So viel kann man an anderer Stelle gar nicht einspar-en. Es sei denn, man rationiert den Strom.
Unsinniger geht es also kaum noch. Auch bei Herrn Lindner sollte langsam angekommen sein, dass volative Energieträger grundsätzlich nicht in der Lage sind, sicheren Strom zu produzieren, weil es bei Dunkelflaute gar keinen Windstrom gibt und Nachts auch weiterhin keine Sonne scheinen wird. Außerdem gibt es keine Großspeicher, die in der Lage wären, eine Dunkel-flaute von rd. 3 Wochen (was keine Seltenheit ist !) bundesweit zu decken. Wer etwas anderes behauptet, lügt aus gutem Grund.
Und Wärme brauche die Bürgerinnen und Bürger sowie die Industrie eben-falls. Und die soll zukünftig mit Wärmepumpen und mit Hilfe von neuen Gaskraftwerken erzeugt werden. Die Gaskraftwerke sollen nach 2030 dann auf grüne Wasserstoffzufuhr umgestellt werden.
Das erfordert dann eine 100 % tige sichere Öko-Strom-Versorgung. Dieses Unterfangen dürfte sich als aussichtslos herausstellen. Schon jetzt wirkt die Macht des Faktischen. Aber das haben wir schon bei Verabschiedung des EEG im Jahre 2000 gesagt. Selbst der Bundesrechnunghof vermisst eine seriöse Kalkulationsgrundlage. Mit anderen Worten: es rechnet sich nicht. Egal, wie man die Sache dreht.
Kohlepreis ist seit Januar dreimal so teuer geworden folgt die Renaissance der Kohle ?
Es wäre zu schön, um wahr zu sein
Dem rechten Stabdiagramm können Sie entnehmen, dass der Primärenergieverbrauch in Deutschland in 2021 bei 12.265 Petrojoule lag. Wobei 1 Petajoule 277.777.777.78 Mrd. kWh entspricht. Auf die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle entfallen beim Verbrauch immer noch über 42 %. Seit Januar 2022 ist der Kohlepreis für eine Tonne Steinkohle ab dem australischen Hafen Newcastle von 140 US-Dollar auf 420 US-Dollar im März 2022 gestiegen. Das Insider-Magazin „Kohlefutures“ geht davon aus, dass der Preis bis Ende 2022 deutlich über 300 Euro bleiben und erst ab 2023 wieder absinken wird.
Da liegt doch die Frage nahe, ob es sich nicht wieder lohnt, auf den heimischen Energieträger Steinkohle zu setzen. Die wirtschaftspolitischen Rahmendaten sprechen auf den ersten Blick jedenfalls dafür. So kostet z.B. eine Tonne Steinkohle:
- aus Polen 169,90 EUR pro T/SKE
- aus den USA 131,56 EUR T/SKE
- aus Australien 127,24 EUR T/SKE
- aus Russland 125,09 EUR T/SKE
Wie gesagt, auf den ersten Blick!
Auf den zweiten und damit auf den differenzierteren Blick stellt sich die Situation leider etwas anders dar. Zwar lag der RAG-Preis pro Tonne Kessel-kohle ab Hafen Hamburg in 2018 bei nur 67,00 EUR und war damit mehr als wettbewerbsfähig. Allerdings handelte es sich um einen durch die Bundes-regierung subventionierten Preis, um die Unabhängigkeit zu gewährleisten. Die tatsächlichen Förderkosten lagen je nach Schachtanlage und Produkti-vität bei 176,00 EUR pro Tonne. Unter heutigen (kriegsbedingten) Rahmen-bedingungen war es also ein Fehler, alle Zechen zu schließen.
Allerdings wäre ein wirtschaftlicher und subventionsfreier Zechenbetrieb nur möglich, wenn die Preise weiterhin so hoch bleiben würden. Und zwar nicht nur für drei bis vier Jahre, sondern für mindestens 20 Jahre.
Denn so lange hätte die bereits in 2010 geplante neue Zeche Donar 1/2 in Olfen (Münsterland) und in 2012 wieder verworfene Planung beste Anthrazit-Kohle fördern können. Da es eine solche Planungssicherheit nicht gibt und die Bundesregierung auch nicht bereit ist, zu einem vernünftigen Energiemix wieder zurückzukehren, kann von einer Renaissance keine Rede sein. Wer sollte das mehr bedauern als die RAG und wir.
In der derzeitigen Situation wird es daher wohl nur auf eine Verlängerung der Auslauffrist für die Braunkohle und für den Betrieb unserer Kraftwerke hinauslaufen. Wie die Situation sich nach 2049 gestalten wird, bleibt abzuwarten. Denn bis 2049 will auch der größte EU-Kohlenproduzent Polen, seine Zechen in Schlesien schließen und dann auf eine Kombination aus Photovoltaik- und Atomstrom setzen. Innerhalb eines Jahres subventionierte die polnische Regierung bereits über 200.000 private Photovoltaik-Anlagen mit 1.200 EUR (= 5000 Zloty).
Dumm nur, dass die Produktion von Photovoltaik-Platten in China stattfindet und die 50.000 Bergleute dadurch ihre berufliche Perspektive verlieren.
Quellenhinweise:
Insider Financial News vom 23.03.2022; Franfkurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 27.02.2022; Deutschlandfunk Kultur vom 24.03.2022; Klimareporter.de vom 08.03.2022; Handelsblatt vom 21.03.2022 ; Bild-Zeitung vom 21.03.2022 sowie RK-Redaktion vom 14.04.2022
Fotonachweise:
Header: Braunkohletagebau, Michael Gaida, Veränderung: Revierkohle; links unten: Steuerkanzel eines Braunkohlebaggers: Nak Nak Nak, pixabay.com; daneben: NRW und Brandenburg-Logo: wikimedia-commons , CC