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Trainingsbergwerk Recklinghausen: Tag des Geleuchts

über 1000 Besucher und Sammler lockte der Grubenlampentag auf dem Trainingsbergwerk Recklinghausen an, Foto: Revierkohle

Was hier der Dichter und Bergmann Otto Wohlgemuth 1924 so pathetisch beschreibt, klingt in den Ohren von Bergfremden wahrscheinlich phrasenhaft. Wie kann man mit einer Grubenlampe ein so inniges Verhältnis haben ?  Gibt es nichts Wichtigeres ?

Nein, denn in früherer Zeit gab es unter Tage noch kein Licht. Vor der Hacke war es duster, wie die Bergleute zu sagen pflegten. Das Geleucht, genauer gesagt: zunächst der Kinspan, dann der Frosch, dann die Petroliumleuchte und dann erst die Kopflampe mit Akku war Lebensretter und Orientierungs-hilfe bei der Arbeit zugleich.

Nur im Schein der Grubenlampe, die der Bergmann während der Arbeit ent-weder mit einem Haken in den Felsvorsprung einkeilte oder an einem Holz-stempel festmachte, konnte der Bergmann im Gedinge die Kohle losmachen. Ansonsten umgab ihn finstere Nacht.  

Treue Grubenlampe,
meiner Seele nah verwandt,
auch du bist verzehrende Kraft,
tief von der Sonne verbrannt.

Du bist mit mir in der Erde
verbrüdert in Not verdammt,
ich schwing dich zum Geistergruße
dreimal ins Nichts geflammt.

Otto Wohlgemuth, Bergmann und Dichter, in: Ruhrland-Almanach, Essen 1924

Nach dem der Kanarienvogel ausgedient hatte, achtete man peinlichst genau auf die Flamme in der Grubenlampe. Wenn diese blau wurde, war es höchste Zeit, das Grubengebäude auf dem schnellsten Weg zu verlassen. Denn es drohte bei rd. 5 % Methanansammlung in der Grubenluft eine Schlagwetter-explosion. Und davon gab es reichlich, wie die vielen toten Bergleute auf unseren Friedhöfen belegen. 

Aber auch heute noch tragen die Bergleute Kopflampen, weil es zum Beispiel in der Vorrichtung, bei der Auffahrung einer neuen Strecke oder im Streb nicht genügend Licht gibt. Sie wird vor der Schicht mit einem Akkumulator angelegt und nach der Schicht auf eine Aufladestation gelegt. 

Es ist wie eine stille Zeremonie, wenn der Bergmann das Grubenzeug anlegt, den Selbstretter am Gürtel fixiert, das Geleucht auf seine Funktionsfähigkeit prüft, die Schutzbrille aufsetzt, Sicherheitsschuhe überzieht, die Arbeits-tasche umlegt und dann dem Anschläger am Schacht entgegengeht, um in die Tiefe der Erde zu entschwinden. 

Bergwerk und Grubenlampe bilden sozusagen eine Symbiose. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch heute noch bei vielen ehemaligen Bergleuten eine Grubenlampe an der Wand hängt, auch wenn der Pütt schon lange erloschen ist.  

Seit vielen Jahren finden mittlerweile auch Grubenlampenbörsen statt, wo man u.a. echte Schmuckstücke aus dem 18. Jahrhundert erwerben oder tauschen kann.         

Tag des Geleuchts auf dem TRAININGSBERGWERK RECKLINGHAUSEN

Das Trainingsbergwerk Recklinghausen ermöglichte den Grubenlampensammlern, Ihre Schätze der Öffentlichkeit am 26.5.2022 zu präsentieren. Die ehrenamtlich tätigen Kumpels ließen es sich nicht nehmen, mit großem Aufwand in die „Herrichtung“ zu gehen. Will heißen: man baute nicht nur zwei riesengroße Festzelte auf, sondern ließ auch die Bergkapelle Niederrhein antreten, baute eine Hüpfburg für Kinder auf und bot Rundfahrten mit der neuen Ruhrtaler-Trio-Lok im Stollen an. Revierkohle war ebenfalls mit einem Messestand vor Ort. Über diesen schönen Tag, der von mehr als 1000 Besuchern wahrgenommen wurde, haben wir einen kleinen Videoclip erstellt. Schauen Sie mal rein. Und weil der Tag für das TBW so erfolgreich war, lud man am 28.5.2022 die Nachbarschaft in Recklinghausen-Hochlarmark zu einem Tag der offenen Tür mit zwei Bands, Bierstand und bergmännischer Verköstigung ein. Auch dieser Tag wurde von der Bevölkerung gut angenommen. Rund 3000 Besucher konnten verbucht werden. Mit den Einnahmen an diesen beiden Tagen konnten die Zeltverleihgebühren und der Brauereiwagen bezahlt werden. Zum Gelingen dieser beiden Tage als auch zur Unterhaltung und zur Aufrechterhaltung qualifizierter Besucherführungen auf dem TBW tragen nicht nur die untenstehenden 4 ehemaligen Bergleute bei, sondern rd. 100 weitere ehrenamtliche Mitarbeiter. Wir wünschen allen Akteuren weiterhin viel Glückauf !      

Uwe Seeger

Uwe Seeger

TBW-Vorstand und ehemaliger Elektriker und Bergmann auf BW Lippe ( Fürst Leopold/Wulfen)

Marcel Grigul

Marcel Grigul

TBW-Vorstandsmitglied und ehemaliger Elektriker auf Auguste-Victoria und Zollverein XII

Jurgen Jakubeit

Jurgen Jacubeit

TBW-Mitarbeiter und ehemaliger Reviersteiger auf Prosper-Haniel. Überreichte dem Bundespräsidenten Walter Steinmeyer das letzte Stück Kohle 2018 auf PH  

Dirk Hinz

Dirk Hinz

TBW-Mitglied, ehemaliger Bergmann und Instandhalter 

Heimat ist da, wo das Herz schlägt, sagt der Dichter. Und für die ehemaligen Bergleute im TBW schlägt das Herz vor der Ortsbrust. Hier bilden sie immer noch die vertraute Schicksalsgemeinschaft, die auch für die Besucher spürbar ist. Man sieht es an den leuchtenden Augen, am engagierten zupacken und man hört es an der Sprache. Ruhrdeutsch eben. 

Obschon alle Bergleute eine gewisse Robustheit ausstrahlen, sind viele von Ihnen im Herzen butterweich. Das konnte man am 26.5.2022 wieder einmal sehr schön beobachten, als zum Abschluß des Grubenlampen-tages die Bergkapelle Niederrhein das Lied „Glückauf, der Steiger kommt“ mit allen 6 Strophen intonierte und alle inbrünstig mitsangen. Wen das kalt läßt, wird die Bergleute wohl nie verstehen. Deshalb sind wir seit Jahrzehnten Vermittler zwischen den Welten. Denn die Kohle ist nicht nur ein Stück Heimatgefühl, sondern sie wird auch Morgen noch benötigt.   

Fotonachweise: 

Header: fotolia.Kauf, Illustration: Revierkohle ; links darunter: Revierkohle, Mitte: alle Fotos: TBW e.V. (Youtube, Freistellung: Revierkohle); darunter: Videoclip: Revierkohle; links darunter: TBW e.V., rechts: Revierkohle  

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