GRUBE CAMPHAUSEN LIEFERT FERNWÄRME
In einer wegweisenden Initiative setzt die STEAG New Energy GmbH neue Maßstäbe in der Energieversorgung: Die Grube Camphausen in Sulzbach ist seit 1990 nicht nur ein Symbol für industrielle Geschichte, sondern auch eine Quelle innovativer Fernwärme. Durch die Nutzung von Grubenwässern als nachhaltige Energiequelle schreitet das Unternehmen voran und zeigt, dass auch scheinbar inaktive Ressourcen einen bedeutenden Beitrag zu einer vernünftigen Energiewende leisten können. Was für die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung selbst-redend nicht gelten kann.
Die Idee, aus dem Wasserrückstand des Bergbaus Energie zu gewinnen, mag im ersten Moment ungewöhnlich erscheinen. Doch genau hierin liegt der innovative Ansatz. Die Grubenwässer, die als Nebenprodukt der Bergbauaktivitäten weiterhin Tag und Nacht gefördert werden müssen, können nun in einem hochmodernen Prozess zur Energiegewinnung genutzt werden. Die STEAG Fernwärmeversorgung aus Grubenwässern der Grube Camphausen ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich rentabel. Das zeigt auch das zweite, seit Jahren erfolgreich im Einsatz befindliche Grubenwärmenutzungskonzept auf der Grubenwasserzeche Robert Müser in Bochum.
Durch den Einsatz modernster Technologien und unter Berücksichtigung höchster Umweltstandards wird es der ehemaligen RAG-Tochter gelingen, die Wärmeenergie aus den Grubenwässern effizient zu gewinnen. Diese Energiequelle eröffnet nicht nur neue Perspektiven für die nachhaltige Wärmeversorgung von Haushalten und Unternehmen, sondern trägt auch dazu bei, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das ist zwar nicht relevant, für die Klimaaktivisten aber bedeutsam. Daher die Erwähnung.
Diese wegweisende Initiative zeigt, dass selbst scheinbar vergessene Orte wie stillgelegte Bergwerke einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energiegewinnung leisten können.
An der Bergbau-FH Georg Agricola in Bochum analysiert man im FB Nachbergbau weitere Möglichkeiten, wie man das Grubenwasser und Mineralien aus der ehemaligen Untertagewelt für die Zukunft nutzen kann. Hierzu gehört z.B. auch die Förderung von Lithium aus dem Bergbau.
Nachbergbau Grubenwasser wird zur Wärmequelle
Die Steag New Energies GmbH, eine 100 %-Tochter der steag GmbH mit Sitz in Saarbrücken, plant am Standort der früheren Zeche Camphausen eine innovative Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK) zu bauen. Die KWK-Anlage soll die Abwärme der Grubenwässer für die Fernwärmeversorgung der Stadtwerke Sulzbach in Zukunft nutzbar machen. Das Konzept hat auch die Bundesnetzagentur überzeugt, die das Projekt im Rahmen einer Förderzusage unterstützt.
Die zu errichtende KWK-Anlage wird aus drei Teilen bestehen, so Christoph Traum, Projektleiter bei der steag New Energies GmbH. Der erste Teil besteht aus einer konventionellen KWK-Anlage.
Dabei handelt es sich um ein Blockheizkraftwerk, welches aus einem Motor, einem Synchrongenerator und einem Wärmetauscher besteht. Anders als andere Heizungsanlagen dienen BHKW der Gewinnung von Wärme und elektrischer Energie, also Strom. Diese gleichzeitige Gewinnung wird „Kraft-Wärme-Kopplung“ genannt.
Der zweite Teil der Anlage besteht aus einer Aufbereitungsanlage für das Grubenwasser als erneuerbare Wärmequelle.
Grubenwasser ist die bergmännische Bezeichnung für das Wasser, das im Bergwerk zusammen mit der Rohstoffförderung an die Oberfläche gepumpt wurde und wird. Die angewendete Technologie wird Wasserhaltung genannt. Sie spielt auch (unendlich) lange nach Schließung eines Bergwerks eine Rolle, weil dieses ständig abgepumpt werden muß, um nicht mit der Trinkwasserschicht in Berührung zu kommen. Grund: das Grubenwasser ist salzhaltig (20 %), rostbraun und stark mineralienhaltig. Dazu kommt Pyrit, Schwefelkies, Nickel, Zinn, Natrium, Magnesium, Schimmelpilze u.a. Schwebstoffe.
Das Grubenwasser, das die Temperatur des Gebirges hat, kann je nach Teufe und Anwendung mit oder ohne Wärmepumpe geothermisch genutzt werden. Im Ruhrgebiet könnte z. B. der geothermischen Grubenwasser-nutzung im Zuge der Wärmewende eine große Bedeutung zukommen.
Die Temperaturen bewegen sich je nach Teufe zwischen 20 bis 30 Grad. Im Mittel um 22-25 Grad. Da das für die Fernwärmeerzeugung zu wenig ist, wird in die Anlage als dritten Schritt ein elektrischer Wärmeerzeuger eingebaut.
Wie der Name schon verrät, geht es um die Erzeugung von Wärme. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um die Heizwärme, sondern generell um thermische Energie, die auch in Form von Warmwasser bereitgestellt werden kann. Dabei tritt der Wärmeerzeuger in unterschiedlichsten Varianten auf. Ihn gibt es entweder als Anlage oder als Gerät sowie als einzelnes Maschinenlelement. Dabei ist hervorzuheben, dass die Wärme nicht zwangsläufig durch Verbrennung bestimmter Energieträger produziert werden muss. Auch andere Energielieferanten können dies ermöglichen. Das können unter anderem Strom, Sonnenenergie, generell Umweltenergie oder auch Abwärme sein.
In unserem Fall die 36 Grad warmen Abwärme aus dem Grubenwasser der Grube Camphausen. Mit der Nutzung will die steag New Energy Erdgas einsparen. Parallel zum Neubauprojekt soll auch das bestehende Blockheizkraftwerk ertüchtigt werden. Das Kraftwerk soll von der Dampferzeugung auf Heißwasser-erzeugung umgestellt werden. Damit will man künftig Wärmeverluste reduzieren. Das Blockheizkraftwerk wird allerdings weiterhin mit Grubengas befeuert.
Die Anlage soll Ende 2024 in Betrieb gehen.
Zur Geschichte der Grube Camphausen
Die Geschichte des Bergwerks Camphausen im saarländischen Fischbach, Gemeinde Quierschied, begann mit dem Abteufen der Schächte Fischbach 1, 2 und 3. Die Grube wurde nach dem preußischen Finanzminister Otto von Camphausen benannt.
1877 begann die erste Kohlenförderung. 1885 erlitt die Grube eine schwere Schlagwetterexplosion. Dabei kamen 180 Bergleute zu Tode. 1986 wurde die Grube Camphausen ein Teil des Verbund-Bergwerks Göttelborn/Reden. Und wie immer, wenn die RAG ein Bergwerk mit einem anderen zusammenlegte, dann dauert es sich mehr lange, bis das erste Bergwerk abgeworfen wurde. So erging es auch der Grube Camphausen. Die Kohlenförderung wurde am 12.11.1990 eingestellt. Und am 01.09.2000 wurde die Kohlen-förderung auch auf Göttelborn/Reden eingestellt.
Gott sei Dank sind die Übertageanlagen nicht alle niedergelegt worden. Erhalten geblieben ist das Strebenfördergerüst über Schacht II in Vollwandprofilweise mit zwei übereinanderliegenden Doppelseilscheiben, wie man sie auch im Ruhrgebiet oft vorfand. Das Strebengerüst stammt aus dem Jahre 1911.
Der Hammerkopfturm über Schacht IV besteht aus 4 Stockwerken und ist 40 Meter hoch. 2016 wurde das Bauwerk von der Bundesingeneurkammer als historisches Wahrzeichen deutscher Ingenieurbaukunst ausgezeichnet und ist heute ein Denkmal. Von den ehemals zwei Fördermaschinenhäusern ist ein Maschinenhaus erhalten geblieben.
Ein weiteres erhalten gebliebenes Gebäude ist die Elektrowerkstatt aus dem 1876, ein Fördermaschinenhaus aus dem Jahre 1960, ein Umformergebäude sowie das ehem. Schalthaus aus dem Jahre 1930.
Die Halde Lydia der Grube Camphausen steht der Öffentlichkeit zur Verfügung. Von oben hat man einen hervorragenden Blick über den sog. Saarkohlenwald. Glückauf !
Quellenhinweise:
RAG-Pressemitteilung vom 27.10.2023; steag-Pressemitteilung vom 21.01.2023; Saarländiches Wochenblatt vom 26.10.2023; Zeitschrift für kommunale Wirtschaft (ZfK.de) vom 25.10.2023; Bundesverband Geothermie.de; Pressemitteilung des Ministeriums für Bildung und Kultur Saarland (saarland.de/mbk) (Prioritärer Bergbau-Denkmalstandort Camphausen) Pressemitteilung der ksbg-gmbh.de vom25.08.2023 sowie RK-Redaktion vom 14.12.2023
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