Gelände wird vollständig renaturiert
Wenn man sich in Datteln auf der Ahsener Allee befindet und dann den Wesel-Dattel-Kanal überquert, gelangt man in ein 3 km langes Waldgebiet, die Haard. Die Vögel zwitschern und der dichte Wald ist menschenleer. Plötzlich biegt die Strasse rechts ab und man befindet sich auf der Redderstrasse. Diese führt schnurstracks zur mitten im Wald gelegenen Schachtanlage An der Haard 1.
Wir stehen vor einem verrosteten Eingangstor mit einer RAG-Telefonnummer. An die kann man sich wenden. Wenn mal was sein sollte. Auf dem ehem. Mitarbeiterparkplatz sprießt das Unkraut aus den Steinplatten. Erloschene Peitschenlampen schauen traurig aus ihrer Fassung herab. Der Fahrradunterstand hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Dahinter ein unscheinbares quadratisches Gebäude mit einem weißen Betonförderturm. Von ihm führen Rohrleitungen ins Nirgendwohin. Daneben ein Verwaltungsge-bäude. Alle Fenster sind zerstört und mit Stacheldraht umzäunt. Trotz Wachdienst haben die Vandalen im Innern der Gebäude zugeschlagen.
Dabei hatte alles so hoffnungsfroh angefangen. Die Schachtanlage An der Haard 1/2 wurde von 1977 bis 1981 abgeteuft und diente als Außenanlage dem Bergwerk Haard in Oer-Erkenschwick. (bis 1978 Ewald-Fortsetzung, siehe Foto unt-en).
Nur für kurze Zeit wurde in dem 34 km großen Baufeld An der Haard 1/2 Kohle abgebaut und auf dem BW Haard zu Tage gefördert. 1984 ging Schacht 1 als Seil-fahrtschacht in Betrieb.
Nach der Zusammenlegung der Schacht-anlage General Blumenthal in Reckling-hausen mit dem Bergwerk Haard zu BW Blumenthal/Haard im Jahre 1992, wurde der Standort BW Haard nach einer erneuten Zusammenlegung des Bergwerks mit dem Bergwerk Auguste-Victoria in Marl im Jahre 1999 komplett aufgegeben. Schacht 2 wurde bereits 1997 verfüllt. Übrig blieben die Baufelder Blumenthal und Haltern.
KLEINER EXKURS
Schachtgebäude An der Haard 1 in Datteln-Ahsen. Die Außenanlage gehörte zum Bergwerk Ewald Fortsetzung (BW Haard)
BW Haard, Schacht 3 aus dem Jahre 1904 in Oer-Erkenschwick
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2001 wurde die Schachtanlage Blumenthal stillgelegt und danach abgerissen. Im Jahre 2015 wurde Auguste-Victoria stillgelegt. Die Übertageanlagen werden in diesem Jahr niedergelegt. Das Gelände wird ein Ge-werbepark. Schacht 1 An der Haard wurde 2015 vollständig verfüllt.
Und nun kommt, was trotz tapferen Widerstands des Vereins Haard1 e.V., der sich um den Erhalt der Anlage bemüht, was kommen muß: die RAG-Montan-Immobilien GmbH will die 5 Hektar große Anlage in den nächsten 18 Monaten komplett abreißen. Der Standort soll anschließend renaturiert werden.
Soll heißen: nichts wird mehr an die Geschichte dieses Bergwerks mitten im Wald erinnern. Vielleicht bleibt zufällig eine Bordsteinkante oder eine Peitschenlampe stehen. Und nachfolgende Generationen werden sich fragen: was war denn hier los? Aber die Bäume, die auf diesem geschichts-trächtigen Ort dann sprießen, werden keine Antwort geben.
ES KOMMT, WAS KOMMEN MUSS
BÄUME GEBEN KEINE ANTWORT
Menschen schon. In unserem Fall ganz besondere Menschen. Es sind ehemalige Bergleute und Bergbauenthusiasten unseres Mitglieds, des Bergbau-und Geschichtsvereins Oer-Erkenschwick. Auch Sie können zwar nicht verhindern, das die Außenanlage An der Haard 1 abgerissen wird, aber Sie engagieren sich seit Jahren erfolgreich um die Erhaltung der Restanlagen des Bergwerks Haard in Oer-Erkenschwick.
Mit liebevoller Hingabe wird dort der erhalten gebliebene Lehrstollen und eine Schmiede gepflegt und gehegt. Mittlerweile wird auch die im Lehrstollen befindliche Außenstelle des Standesamtes immer beliebter. Das gilt aber auch für die Besucherführungen mit Kraftbier-Verköstigung und sonstige Kulturveranstaltungen. Das ehemalige Verwaltungsgebäude wurde saniert und einer neuen Nutzung als Gesundheitszentrum zugeführt. Als nächstes Objekt will sich Vereinsvorsitzender Markus Pliska die Restaurierung der Schachthalle und des Fördergerüstes über Schacht 3 vornehmen. Hierzu hat er mit einem Dutzend Mitstreitern extra den Förderverein Schacht 3 e.V. gegründet. Allerdings wird die Restaurierung der maroden Rasenhängebank nebst Fördergerüst aus dem Jahre 1904 nicht ohne erhebliche Investitionen von Förderern aus Wirtschaft und Verwaltung zu stemmen sein. Aber auch schon kleinere regelmäßige Beträge können Wunder bewirken.
Wir bitten Sie daher: helfen Sie mit, dass das Fördergerüst erhalten bleibt. Es ist eine wundervolle Landmarke, die von der Glanzzeit der Bergbaus in Oer-Erkenschwick erzählt. Sie können sich gerne an unser Mitglied wenden.
Quellenhinweise:
Blach, Bernhard: Lehrstollen Ewald Fortsetzung – der Geheimtipp, in: Montankultur-Rückblick, Revierkohle (Hrsg.), Hamburg 2010, S.108 ff; Rottenplaces.de vom 5.07.2013, Hermann, Wilhelm und Getrude: Die alten Zechen an der Ruhr, 6. Auflg., Königstein i. Taunus 2008, S. 290; RAG-Montan-Immobilien-Mitteilung vom 12.05.2020 sowie RK-Redaktion vom 12.06.2020
Bildnachweise:
Header, links darunter (Luftbild) und darunter: RAG-Montan-Immobilien GmbH; darunter: Schacht 3 und ehem. Verwaltung: Revierkohle