Die Energiewende ist ein großes Projekt, fast so groß wie die Begeisterung der Deutschen für ihre Bürokratie. Und genauso teuer. Kein Wunder also, dass der Bundesrechnungshof mal wieder den Taschenrechner rausgeholt hat und mit kritischem Blick die Bilanzen der Bundesregierung geprüft hat. Und dabei hat er wieder einmal Schnappatmung bekommen.
Mit einem Lächeln (oder war es ein Zähneknirschen?) stellte der Präsident des Bundesrechnugnshofes jüngst fest: Die Energiewendepolitik bringt den Staat an seine finanzielle Belastungsgrenze – und das ist noch höflich formuliert. Hierüber berichteten wir bereits ausführlich. (siehe > hier)
Ein Fass ohne Boden
Man könnte meinen, die Energiewende sei ein gigantisches Science-Fiction-Projekt: Windräder, so weit das Auge reicht, Solarpanels auf jedem Dach, und ein Stromnetz, das Strom von der Nordsee bis zur Zugspitze beamt. Klingt cool, oder? Aber cool ist auch die Reaktion des Bundesrechnungshofs, der nüchtern darauf hinweist, dass diese Vision den Staatshaushalt geradewegs in eine finanzielle Schieflage bringt, die selbst bei der Titanic für Bewunderung gesorgt hätte.
Subventionen hier, Förderungen da, Ausbaukosten dort – die Liste der Ausgaben liest sich wie der Einkaufszettel eines Milliardärs. Doch während die Energiewende ehrgeizig voranschreitet, fragt der Bundesrechnungshof: Wer zahlt das eigentlich alles? Die Antwort ist simpel und bitter: Wir. Steuerzahler und künftige Generationen dürfen kräftig in die Tasche greifen.
Staatliche Finanzkunst oder ein Magie ?
Ein besonderes Schmankerl der Kritik: Die Bundesregierung habe keinen klaren Überblick über die finanziellen Konsequenzen ihrer ambitionierten Energiepolitik. Das klingt ein bisschen wie: „Wir backen eine Torte, aber wissen nicht, wie viel Mehl, Zucker oder Eier wir brauchen – und ob wir überhaupt einen Ofen haben.“ Der Bundesrechnungshof mahnt also, dass solide Planung keine Zauberei ist. Hart ins Gericht geht der BRH-Präsident Kay Scheller mit der Bundesregierung, wenn er darauf hinweist, das die Energiewende zu teuer, zu langsam und zu unrealistisch wäre. Leider hat der BRH nur eine Mahnerfunktion ohne Durchgriffs-rechte. Deshalb braucht die Regierung auch keine Konsequenzen zu fürchten, wenn sie Steuergelder aus dem Fenster wirft.
Wenn Schulden die neue Energiequelle sind
Die Sache hat aber noch einen anderen Haken: die Energiewende wird primär über Schulden und Umlagen finanziert. Klar, Schulden sind praktisch: Sie machen heute vieles möglich, was man morgen bereuen kann. Doch selbst der geduldigste Kreditgeber zieht irgendwann die Reißleine. Und während die Bundesregierung mit Investitionen um sich wirft, als gäbe es kein Morgen, fragt der Bundesrechnungshof besorgt: „Gibt es überhaupt ein Morgen für die Staatsfinanzen?“
Das Fazit des BRH zur Energiewendepolitik lautet daher richtigerweise: „ineffizient- zu teuer- fehlender Planungshorizont und nicht realistisch.“
Konkret fordert der BRH z.B. den Aufbau eines Kraftwerks-Kapazitätsmarktes um Flautezeiten überbrücken zu können. In seinem Bericht gem. § 99 BHO schreibt er dazu u.a.:
„Gesicherte, steuerbare Erzeugungsleistung ist notwendig, um die volatile Erzeugung aus erneuerbaren
Energien abzusichern (in Form von Backup-Kraftwerken) und somit die Versorgungssicherheit zu gewähr-leisten. Nach dem vollzogenen Ausstieg aus der Kernenergie und dem geplanten vorgezogenen Kohleausstieg will das BMWK mit der KWS sicherstellen, dass noch in 2024 der Zielwert von 287 TWh gem. § 4a Nummer 1 EEG 2023 festgelegt wird.
Die neuen Kraftwerke sollen die bestehenden Gaskraftwerke am Markt ergänzen. Ausschreibungen im Zuge der KWS waren ursprünglich bereits für das Jahr 2023 vorgesehen. Hinsichtlich der Fertigstellung eines neuen Gaskraftwerks ist mit durchschnittlich vier bis sieben Jahren zu rechnen. Im August 2023 kündigte das BMWK an, im Zuge der KWS neue Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 23,8 GW ausschreiben zu wollen.
Nach weiteren regierungsinternen Abstimmungen gab die Bundesregierung Anfang Februar 2024 bekannt,
dass sie die wesentlichen Elemente eines Kapazitätsmarktes vereinbart habe. Unter anderem sollen
Konzepte für einen marktlichen, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden, die bis spätestens zum Jahr 2028 operativ sein sollen. Ein Kapazitätsmechanismus sollte nicht nur die erzeugte Strommenge vergüten, sondern auch die bereitgestellte Leistung.“
Ebenso kritisiert der BRH in seinem Bericht auf 58 Seiten die steigenden Netzentgelte, die steigenden Strompreise für Verbraucher, die mangelnde Leistungsfähigkeit von Windkraft-und Solaranlagen und die nicht ausreichende Anzahl steuerbarer Kraftwerksleistungen.
Der Bundesrechnungshof hat recht, wenn er mahnt, dass die Energiewende nicht nur nachhaltig sein muss, sondern auch finanzierbar. Denn was nützt die schönste Energiezukunft, wenn wir uns in der Gegenwart nicht einmal mehr die Taschenrechner leisten können, um ihre Kosten zu berechnen?
Und was nutzt uns eine Energiewende, wenn am Ende die Versorgungssicherheit nur noch fallweise gewährleistet werden kann? Und was nutzen uns Wind-und Solaranlagen, wenn man damit keine Prozesswärme erzeugen kann ? Nichts !
Warum der BRH in seinen Schlußbetrachtungen die Energiewendepolitik der Bundesregierung dennoch für richtig hält – sieht man einmal von pauschalen Glaubensbekenntnissen ab – erschloß sich für uns nach auch nach zweimaliger Durchsicht des Berichts leider nicht.
Quellenhinweise:
N.N.: Bericht gem. § 99 BHO zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung; bundesrechnungshof.de (Hrsg.), Bonn, den 07.03.2024; Deutschlandfunk.de vom 11.03.2024; Handelsblatt.com vom 08.03.2024; Zeit-Online.de vom 07.03.2024; Rheinische Post vom 16.01.2025 sowie RK-Redaktion vom 14.0.22025
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