Die sogenannten Betriebsführerschaften auf den Zechen folgten gerne den Nazis
Anknüpfend an unseren Beitrag „Zwangsarbeit im Ruhrbergbau“ in unserem Jahrbuch aus dem Jahre 2016 wollen wir dieses Kapitel weiter aufarbeiten, da die Situation der Zwangsarbeiter als aber auch das Verhältnis zwischen den Zechenbaronen und der NSDAP im 3. Reich in der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbeachtet geblieben ist.
In unserer neuen Podcast-Sendereihe werden wir daher dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte um die Episoden „Bergarbeiterstreiks im Bergbau“, „Bergbauinteressen im 3. Reich“ und „Bergbau und Zwangsarbeit im 3. Reich“ ergänzen.
Die Reihe sowie weitere Themen finden Sie in unserer Mediathek oder auf Podcaster, Apple-i-tune, Spotify, Podbean und Spreaker.
Wenn man sich die Frage stellt, welche Zechenbetreiber wie und mit welchen Motiven mit dem NS-Staat zusammen-arbeiteten, dann stehen ganz oben auf einer fiktiven Liste die Namen
Thyssen, Krupp und Preussag
Wobei die Preussag AG mit ihren Hütten, Salinen, Bernsteinwerken und Steinkohlenbergwerken besonders her-vortrat. Als ehemaliger preußischer Staatskonzern war die Firma schon vor Beginn der Machtergreifung Adolf Hitlers eng mit der NS-Politk verbunden. Daher war es für die NSDAP auch leicht, ihr restriktives Kontroll-und Überwachungssystem in den Zechenbetrieben aufzubauen. Dies geschah zunächst durch die Auswechslung von Vorständen und Aufsichtsräten der Preussag AG durch NSDAP-Mitglieder.
Verbot freier Gewerkschaften
Anfang 1933 konnte sich die Partei und ihre Organe aber noch nicht auf allen Zechen durchsetzen. Bei den Bergarbeitern fand die NSDAP wenig Unterstützung. Der nächste Schachzug erfolgte, in dem freie Wahlen und freie Gewerkschaften verboten wurden. Dafür wurde eine Betriebszellenorganisation (NSBO) aufgebaut, die bei den Betriebsratswahlen im Mai 1933 starke Zuwächse verzeichnen konnte. Die Gewerkschaften wurden durch die Deutsche Arbeitsfront (DAF) ersetzt und gleichgeschaltet.
Im Juli 1933 hatte der Regierungspräsident in Arnsberg die offiziell gewählten Betriebsräte abgesetzt und durch NSDAP-Arbeiterräte ersetzt. Die Bezirskregierung Arnsberg hatte sich zu dieser Zeit deutlich schneller mit den neuen Machhabern arrangiert als andere Bergbehörden.
Mit dem „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit “ vom Januar 1934 wurden die Betriebsräte ganz offiziell durch sog. Vertrauensleute ersetzt. Diese hatten zwar nur noch eine beratende Funktion, aber sie boten den Bergleuten die Möglichkeit, ihren stillen Protest gegen die neuen Machthaber im Betrieb zum Ausdruck zu bringen.
Betriebsführer und Gefolgschaft
Zum Beispiel durch die Abgabe ungültiger Stimmen. Das blieb bis 1936 so. Da diese Entwicklung aus Sicht der National-sozialisten enttäuschend war, fanden auf den Zechen ab 1936 keine Wahlen für die sog. Betriebszellen-Obleute mehr statt. Auch die NSBO ging in die Bedeutungslosigkeit über.
Gleichzeitig wurde die Macht der Zechenvorstände gestärkt. Nach dem sog. Führerprinzip wurden diese dann als Betriebsführer bezeichnet. Und die Bergleute bildeten die Betriebsgemeinschaft bzw. Gefolgschaft. (analog zur Volks-gemeinschaft)
Damit die NS-Ideologie besser in die Köpfe der Bergleute gehämmert werden konnte, wurde die Parteipropaganda auch in die Betriebe hineingetragen. Als Gewährsleute für die NSDAP fungierten die Gauleiter. Diese organisierten zu-sammen mit den Betriebsführern auf den Zechen morgend-liche Betriebsappelle. Ab 1935 entwickelten sich die Betriebsappelle zu einem regelmäßigen Ritual als fester Be-standteil des Arbeitslebens auf den Schachtanlagen.
Neben der Einschwörung auf den Führer Adolf Hitler wurden diese Betriebsappelle auch dazu genutzt, über Forderungen der Zechen an die Politik zu berichten und die Erhöhung der Produktivität einzufordern.
Trotz der angespannten Lage im Steinkohlenbergbau, die ihren Anfang schon während der 20er Jahre nahm und nicht erst seit Beginn des Krieges 1939 sich verschärfte, wurden Jungbergleute trotzdem nur angelegt, wenn sie auch Mitglied der Hitlerjugend waren.
Da die Produktivität wegen der schlechten Bezahlung, den harten Arbeitsbedingungen, fehlender Arbeitskräfte und der geringen Motivation kaum gesteigert werden konnte und viele Bergleute an die Front mußten, wurden auf den Schacht-anlagen ab 1942 auch Zwangsarbeiter eingesetzt.
Allein auf der Schachtanlage Preussag-Anthrazit-Ibbenbüren in Ibbenbüren waren 1944 von den 4054 Beschäftigten 41 % Zwangsarbeiter, davon 1341 sowjetische Kriegsgefangene, die in Lagern auf dem Zechengelände untergebracht waren. Ähnlich war es auch auf der Schachtanlage Lothringen III in Bochum und Constantin der Große sowie in vielen Stahlwerken an Rhein und Ruhr.
Robert Ley (DAF) 1942:
Jede Tonne Kohle ist ein Baustein zum Sieg
So schwadronierte der Reichsorganisationsleiter der Deutschen Arbeits-front, Robert Ley, auf dem Bergwerk Ibbenbüren, an-lässlich einer Ehrung für den Bergmann Konrad Grebe, der damals den Kohlenhobel erfand und damit die Arbeit unter Tage erheblich für alle er-leichterte.
Von Arbeitserleichterung-en konnten die rd. 100.000 polnischen Kriegsgefang-enen sowie die weiteren 215. 000 Ostarbeiter, die in deutschen Zechen als Zwangsarbeiter schuften mußten, dagegen nur träu-men. Ihr Anteil an der Gesamtbelegschaft lag auf allen Zechen bei rd. 40 %. Ohne sie wäre eine Produktivitätssteigerung nicht möglich gewesen. Sie waren in Baracken untergebracht, die sich auf fast allen Schachtanlagen befanden. Einige davon sind erhalten geblieben. So z.B. auf dem Gelände der ehem. Zeche Loth-ringen in Bochum-Gerthe.