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Blockheizkraftwerks-Container- Aufbauschema, Grafik: Dr.-Ing. Rainer Sielker

In Zeiten des wachsenden Umweltbewusstseins und der stetigen Suche nach nachhaltigen Energiequellen rücken innovative Technologien vermehrt in den Fokus. Ein bereits seit Jahren erfolgreich praktizierter  Ansatz für die dezentrale Energieerzeugung ist dabei der Einsatz von Blockheizkraftwerken (BHKW) in Verbindung mit Grubengas. Dieses Konzept bietet nicht nur ökologische Vorteile, sondern eröffnet auch wirtschaftliche Perspektiven für die ehemaligen Bergbaureviere an Rhein und Ruhr, Ibbenbüren und im Saarland. 

Grubengas, das bei stillgelegten oder aktiven Bergwerken als Nebenprodukt entsteht, besteht hauptsächlich aus Methan und CO2. Durch den Einsatz von Blockheizkraftwerken wird das Spurengas in eine wertvolle Energiequelle umgewandelt. Die gleichzeitige Produktion von Wärme und Strom macht diese Technologie äußerst effizient und vielseitig einsetzbar.

Ein entscheidender Vorteil von BHKW mit Grubengas liegt in ihrer dezentralen Struktur. Sie ermöglichen eine unabhängige Energieerzeugung vor Ort, was nicht nur die Versorgungssicherheit erhöht, sondern auch den Bedarf an langen Übertragungsleitungen reduziert. Dies ist besonders in ländlichen Gebieten von großem Nutzen, wo eine flächendeckende Strom- und Wärmeversorgung oft eine Herausforderung darstellt.

Ein weiterer positiver Aspekt ist die Revitalisierung stillgelegter Bergwerksstandorte. Durch die Nutzung von Grubengas schafft man nicht nur eine umweltfreundliche Energiequelle, sondern auch neue Arbeitsplätze und stärkt damit gleichzeitig die lokale Wirtschaft. 

Die Kombination aus BHKW und Grubengas ist nicht nur eine umweltfreundliche Alternative, sondern auch wirtschaftlich attraktiv. So wird derzeit pro erzeugter Kilowattstunde Strom aus Grubengas eine Festeinspeisevergütung gem. EEG von 7,1 Ct/kWh gewährt. Im Gegensatz zur Windkraft läuft die Festvergütung im Juli 2024 leider aus.  Die kontinuierliche Verfügbarkeit von Grubengas macht diese Energiequelle besonders zuverlässig und kosteneffizient und sollte daher nicht dem Windenergiewahn zum Opfer fallen.

megaphone.png gut zu wissen

Gewinnung von Grubengas

Die Fa. Minegas GmbH, die Minegas-Power GmbH und die steag New Energies GmbH, alles Töchter der steag GmbH (ehem. RAG-Tochter), unterhalten an 16 ehem. Zechenstandorten im Revier 107 dezentrale Grubengas-Blockheizkraftwerke. Die installierte elektrische Gesamtleistung liegt bei 168 MW. ( 1 Megawatt ist 1000 Kilowattstunden (kWh). Mit einer Grubengasmenge von 159 Mio m3 ( 1 Kubikmeter (m3) = 1000 Liter= 6 ,5 Badewannen voll Wasser) wurden in 2023 rd. 544 Gigawatt an Strom und 108 Gigawatt an Wärme produziert. (1 GWh = 1000 Megawatt oder 1 Mio. Kilowatt). Mit dieser Leistung werden in NRW rd. 67.000 Haushalte mit Wärme und 234.500 Haushalte mit Strom aus Grubengas versorgt. Im ehemaligen saarländischen Revier unterhält die steag (eqonie) New Enegies GmbH 14 weitere Blockheizkraft-werke , die pro Jahr rd. 143 Mio. Kubikmeter Grubengas verwerten. Die größte Anlage steht im ehemaligen Kesselhaus des Kraftwerksstandortes Fenne 1 A in Völklingen.
Protegohaube mit zwei Durchschlagsventilen am BHKW über Schacht 3 der ehem. Zeche Kurl in Lünen-Niederadem, Foto: RAG
Grafik: RAG
Blockheizkraftwerk Zeche Westerholt (BW Lippe) in Herten, Foto: Revierkohle
Mannschaftsgang der ehem. Zeche Westfalen in Ahlen, Grafik: pixabay.com

Quellenhinweise: 

Wirtschaft.nrw/Grubengas, Bezirksregierung Arnsberg (Hrsg.) o.J., firstclimate.de o.J.; Westfälische Allgemeine vom 03.03.2023; Energie-und-Management.de vom 19.12.2002; steag.de o.J.; Minegas.de; ruhr24.de vom 23.05.2022 sowie RK-Redaktion vom 14.02.2024

Fotonachweise: 

Header : BHKW-Abbildung: Bezirksregierung Arnsberg: Montage und Illustration: Revierkohle; links darunter: Container-Grafik: Dr.Ing. Rainer Sielker; rechts darunter( Protegohaube): RAG;  

 

Exkurs: Geschichte des Grubengases

Das Grubengas aus abgeworfenen Bergwerken besitzt einen Methangehalt von 18 bis 80 %. Die Schwankung erklärt sich aus dem Umstand, das Kohle nicht gleich Kohle ist. Die hochwertige Anthrazit-Steinkohle hat zum Beispiel nur einen sehr geringen Methangehalt von rd. 20 %. Während der Methangehalt der Braunkohle bei 60 bis 70 % liegt. Die Bindung des Methans an die Kohle erfolgte schon vor über 300 Mio. Jahren. 

Zur Zeit des Erdmittelalters (Karbonzeit= vor 251,9 Mio. Jahren) lagerte sich das organische Material von Bäumen und Sträuchern in Sümpfen ab. Durch klimatische Veränderungen wurden diese Pflanzen aufgrund von großen Stürmen mit Sand immer wieder neu überdeckt. Die Überdeckung durch Sedimente verhinderte den Luftaustausch. Gleichzeitig wurde enormer Druck auf die verfaulenden Bäume und Gewächse ausgeübt. 

Ein Entweichen des bei der Zersetzung durch Mikroorganismen entstehenden Methans wurde dadurch ver-hindert. Durch die zunehmende Verwitterung entstand die Kohle. An die Kohle lagerte sich das Methan an. Und je nach Absenkungstiefe in den sog. Muldensatteln, verfestigte sich die Kohle. Eine größere Verfestigung bedeutet, das die Kohle einen höheren Energiewert und einen geringen Feuchtigkeitsgrad hat. Der Methangehalt ist kleiner und umgekehrt.

Erst durch den industriell betriebenen Stein-und Braunkohleabbau um 1850 wurden durch den mechanischen Abbau die flözführenden Schichten im Gebirge druckentlastet. Dadurch konnte das Methan im Stollen ent-weichen. In der Folge führte das in zahlreichen Gruben zu den gefürchteten Wetterschlägen. Denn wenn Methan sich mit der Luft vermischt, explodiert dieses bei rd. 5 %. Kanarienvögel und Petroliumlampen dienten daher znächst der „Messung“ des Methangehalts. Bei einem Prozent kippten die Kanarienvögel von der Stange. Die Bergleuten verließen dann fluchtartig das Grubengebäude. Bei der Petroleumlampe wurde der blaue Fackelanteil größer. Erfahrene Bergleute wußten dann Bescheid. Die Einführung moderner Gaschromatographie in den 70er Jahren führte dazu, das das Grubengebäude vor schlagenden Wettern weitestgehendst geschützt war und kein Bergmann mehr bis 2018 zu Tode kam.         

wie das Grubengas heute gewonnen wird

Nach Schließung einer Zeche wurden die einzeln verbundenen Strecken unter Tage mit Dämmen versiegelt und die Schächte standfest verfüllt. Die ausgebauten Stahlbogenstrecken bleiben aber über viele Jahre erhalten. In diesen Hohlräumen sammelt sich das Methan. Das Grubengas entweicht dann durch das Deck-gebirge zu Tage und belastet die Umwelt. 

Um das unkontrollierte Entweichen von Methan zu verhindern, wurden an allen ehemaligen Zechenstand-orten, wo Methan dauernd zu Tage trat, sog. Protegohauben errichtet. Diese stehen überall im Revier. Das Methan wird mit Hilfe von Steigrohren kontrolliert an die Umgebungsluft abgegeben. 

Größere Mengen an Methan werden mit Hilfe von Entgasungsleitungen, die in die Hohlräume hineingetrieben wurden, nach Übertage abgesaugt, verdichtet und einem Blockheizkraftwerk zur Verfügugung gestellt. Dabei wird das Methan weitgehend in Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. Die Verbrennung des Grubengases erfolgt in den Zylindern eines Gasmotors. Der Gasmotor wiederum treibt einen Generator zur Stromerzeugung an. Der Strom wird in das Mittelspannungsnetz eingespeist. Die dadurch gleichzeitig entstehenden Abwärme können mit Hilfe von Wärmetauschern zur Erzeugung von Heißwasser in den Haushalten genutzt werden. Das ganze nennt sich Kraft-Wärme-Kopplungsanlage. Absaugungen in unverritzte flözführenden Schichten werden derzeit nicht vorgenommen. 

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (GBR) schätzt das Grubengasvorkommen in Deutschland auf rd. 6,0 Mrd. Kubikmetern ein. Das würde einer Reichweite von rd. 70 Jahren entsprechen. Genau kann man das aber nicht vorherbestimmen, da die erzeugten Mengen von der Kohleart, die sich als Restflöz oder im Gebirge befindet, abhängig sind. Wenn die Entgasung aus der Kohle vollständig abgeschlossen ist, kann auch kein Grubengas mehr gefördert werden. 

Soweit der beabsichtigte Anstieg des Grubenwassers auf den umgebauten Grubenwasserzechen mit Hilfe von Hängepumpen bis 2035 auf 300 bis 600 Metern unter dem Grundwasserspiegel ansteigt, muß der erforderliche Saugdruck angehoben werden, weil dann mehr Grubengas hochgedrückt wird. Gleichzeitig geht aber auch der verwertbare Methangehalt sukzessive zurück. Die Folge: ohne öffentliche Beihilfen wäre die energetische Gewinnung von Grubengas wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. 

Das wiederum hätte zur Folge, das bei einer vollständigen Stilllegung aller Grubengas-Absauganlagen bis 2035  1,57 Mrd. Kubikmeter Methangase an die Umgebungsluft abgegeben werden. Das entspricht 28,3 Mio. Tonnen CO2. Unkontrolliert ausströmendes Grubengas würde aber auch die Gefahr von Gasexplosionen erhöhen. Das betrifft z.B. den ehem. Schachtstandort Carolinenglück in Bochum.  

Grubengas-Absauganlagen stehen auf Haus Aden in Bergkamen, Heinrich-Robert in Hamm-Pelkum, Schacht Grillo in Kamen, Schacht Robert-Müser in Bochum, Schacht Sandbochum, Schacht Lerche in Hamm, Schacht Hugo in Gelsenkirchen-Buer, Zeche Westerholt in Herten, Schacht Hugo-Ost in Gelsenkirchen-Resse, General Blumenthal 3/4 und 8 in Recklinghausen; Zeche Montcenis in Herne, Schacht Kurl 3 in Lünen ….  und an vielen anderen  ehemaligen Schachtstandorten. Die Anlagen müssen im Durchschnitt 5 Jahre in Betrieb bleiben, damit sie sich wirtschaftlich rechnen. 

Glückauf !

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Grubengas - eine echte Alternative zu den Erneuerbaren
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Grubengas - eine echte Alternative zu den Erneuerbaren
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