die Deutsche Bahn AG verkauft seit 28.6.2017 nun auch Strom an bahnaffine Privatkunden
Nachdem schon viele Stadtwerke, Energieversorger und Wohnungsbaugenossenschaften (wie z.B. die WoGe von 1904 eG in Hamburg) die Verbraucher mit ganz legalen Tricks täuschen, in dem diese behaupten dürfen, sie würden 100 % Öko-Strom aus Wasserkraft oder Windstrom in das Netz einspeisen, obschon rein technisch betrachtet gar kein reiner Ökostrom beim Verbraucher ankommen kann, da der Strom immer aus dem nächst gelegenen Kraftwerk kommt, sattelt nun auch die Deutsche Bahn das Ökostrom-Pferd und will jetzt auch Privatkunden klimaneutralen Öko-Strom unterjubeln.
Bahnstromerzeuger: das moderne Stein-kohlekraftwerk Datteln 4 Foto: uniper SE
Die Bahn wird also künftig im Wettbewerb mit rd. 1200 weiteren Anbietern den Markt auf-mischen. Allerdings gibt es da nicht viel zu mischen, da die Bahn nur Einfluss auf einen ganz kleinen Teil des Strompreises nehmen kann und das sind die Beschaffungskosten. Der Rest setzt sich aus Steuern, Abgaben, Netzentgelten, Wegekosten, Werbe-und Personalkosten zusammen. Darum erhöhen viele Anbieter auch ihre Preise im zweiten und dritten Vertragsjahr, um noch einen Ertrag erwirtschaften zu können. Die Bahn wird ihren „Ökostrom“ genau wie alle anderen Anbieter an der Leipziger Strombörse einkaufen. Da sie aber als Großabnehmer auftritt, hofft die Bahn, das sie bessere Preise erzielen wird als die Konkurrenz. Und zwar soll dies auch bei stark schwankenden Strompreisen mit Hilfe von Termingeschäften ermöglicht werden, um den Strom billiger als andere einkaufen zu können. Ob das tatsächlich der Fall ist, können Sie als Verbraucher selbst nachprüfen. Klicken sie ganz einfach das u.g. Verivox-Vergleichs-Portal an. Das Vergleichsportal hat übrigens den Bahnstrom exemplarisch für Berlin ver-glichen und dabei festgestellt, das der Bahnstrom deutlich teurer ist als die Angebote anderer Anbieter.
Damit die Bahn ihren eigenen Strom tat-sächlich preiswert und sicher bezieht, wird eigener Bahnstrom in das Bahnnetz eingespeist. Dieser Strom kommt ausschließlich aus hochmodernen und umwelt-freundlichen Steinkohlekraftwerken. So z.B. über das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4, für das die Bezirksregierung Münster im Jan. 2017 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt hatte. Damit kann das Kraftwerk nach langem Streit endlich weiter gebaut und fertig gestellt werden. Beachtet man, das die sog. Peak-Leistung der Deutschen Bahn mit ihrem 110 kV-Hochspannungs-Bahnstromnetz auf 16,7 Hertz-Basis zur Haupt-verkehrszeit 1.600 Megawatt beträgt, wird die Bedeutung des Standortes Datteln 4 für die Bahnstromversorgung ersichtlich. Rund ein Viertel der Peak-Leistung der gesamten bundesweiten Last im 110 kV-Bahnnetz fallen am Netzknoten Datteln 4 an. Und nur wenige Kraftwerke sind in der Lage, 16,7 Hertz-Strom zu erzeugen. Der Verbraucherstrom wird i.d.R. auf Basis von 50 Hertz-Strom erzeugt. Daher würde die Bahn wahrscheinlich nie auf die Idee kommen, selbst nur Öko-Strom über ihre Tochter einzukaufen. Logisch, woher sollten die rd. 10.000 Gigawattstunden Strom, den die 20.000 Züge der Bahn allein in 2016 verbrauchten, auch sonst kommen ?
Während der Bahnstrom für das 7.700 km lange Bahnstromnetz wegen der eigenen Frequenz von 16,7 Hertz weiterhin nur aus Kohle-Kraftwerken gewonnen werden kann, setzt die Bahn über ihre 2008 ge-gründete Tochter DB Energie auf Energie aus rege-nerativen Energien durch Zukäufe für Privatkunden.
Aufgrund des großen Beschaffungsvolumens will die Bahn den angeblichen Grünstrom um rd. 10 bis 12 % unter dem Preis der „Graustrom-Grundversorger“ an-bieten. Graustrom ist die Bezeichnung für Strom aus unterschiedlichen Energiequellen (Atom, Kohle, Gas, Öl), während die Bezeichnung Öko-Strom dem Kund-en vorgaukelt, dieser käme von einer Windkraftan-lage, einem Wasserkraftwerk oder wahlweise auch über einen „Öko-Stromsee“ direkt zum Stromkunden ins Haus geflossen. In der Realität kommt der Strom aber über das nächstgelegene Kohlekraftwerk, da diese die Grundlast absichern über das Leitungsnetz zum Verbraucher. Damit die Energieversorger aber mit dem Öko-Label trotzdem werben dürfen, hat sich der Gesetzgeber etwas Feines ausgedacht. Mit Hilfe sog. bilanzierter Ökostrom-Äquivalente kauft der Energieversorger Strom bei einem Öko-strom-Anbieter, (z.B. bei einem Wasser-Kraftwerk in Norwegen ) und lässt sich die eingekaufte Menge vom Bundesumweltministerium zertifizieren. Mit diesem Zertifikat geht der Energieversorger dann zum TÜV und läßt sich bescheinigen, das er Öko-Strom-Bezieher ist. Das Label darf dann damit werben, das „100 % Ökostrom aus Wasserkraft/Windkraft etc.“ eingespeist wird. Mit den Zertifikaten wird seit 2008 schwunghafter Handel betrieben.
Physikalisch betrachtet lässt sich regenerativ erzeugter Strom aber nicht von konventionell gewonnenem Strom unterscheiden. Um Ökostrom dennoch gegenüber dem Verbraucher auszuweisen, wurden mit der EU-Richtlinie 2001/77/EG sog. Herkunftsnachweise eingeführt. Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Energien können sich pro Mega-wattstunde einen Herkunftsnachweis ausstellen lassen. Dieses Zertifikat kann unter anderem an Energieversorger weiter gegeben werden, die dann eine entsprechende Strommenge als Ökostrom deklarieren dürfen. Für den so gekennzeichneten Strom werden sie in der Regel einen höheren Preis verlangen, der mit den höheren Produktions-kosten und dem höheren Umweltnutzen des Ökostroms begründet wird. Ziel des Handels mit Herkunfts-nachweisen ist es, möglichst viel Ökostrom als solchen kenntlich zu machen. Wir nennen das Verbraucher-täuschung und wollten daher gegen die Stadtwerke Rostock und gegen die Wohnungsbaugenossenschaft von 1904 e.G. in Hamburg wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gerichtlich vorgehen. Wir haben von einer Klage aber abgesehen, weil die Erfolgsaussichten wegen des legalen Zertifikatehandels von unserer Kanzlei als gering eingestuft wurden.
Damit ist es auch der Bahn erlaubt, Graustrom als Grünstrom dem Privatkunden zu verkaufen. Und damit die Bahn-Mitarbeiter nicht mit unangenehmen Fragen konfrontiert werden, bietet diese den sog. Öko-Strom nur online an.
Quellenhinweise:
DB-Inside Bahn.de vom 20.01.2017; Deutscher Bundestag, wissenschaftlicher Dienst Nr. 29/08 vom 2.6.2008 zum Handel mit Herkunftsnachweisen für erneuerbare Energien; Kölnische Rundschau vom 28.07. 2017; Handelsblatt vom 28.06.2017; Schwäbische Tageszeitung vom 28.07.2017; Uniper SE Pressemitteilung vom 19.01.2017; www.s-bahnstromgeschichte.de; N.N. : Bei Uns, Mitgliederzeitschrift der Wohnungsbau-genossenschaft von 1904 e.G, (Hrsg.) Ham-burg, Nr. 5/2017 sowie RK-Redaktion vom 06.07.2017
Fotos: oben: R.B. Westendarb, pixelio.de. Green-En-ergy-Logo: Thes Implify, fotolia-Kauf
Bahn-Umrichterblock im Kraftwerk Datteln 4 Foto: uniper SE