Bernd & Hilla Becher
Die Ästhetik von Förder- türmen
40 Jahre lang hat das Künstlerehepaar Bernd und Hilla Becher gerade-zu leidenschaftlich Gaso-meter, Wassertürme, Fördertürme, Kohlebunk-er, Fabrikhallen, Hochöfen und Fachwerkhäuser fotografisch dokument-iert. Davon zeugen zahl-reiche Bildbände und die aktuelle Ausstellung in Bottrop. Die S-W-Fotos verstärken dabei die ganz eingewillige und erhabene Ästhetik dieser Industrie-bauten. Heute wirken diese Zeugnisse der Industriegeschichte fast wie Landschaftsskulp-turen, weil deren Nutzung für die jüngere Generation nicht mehr sofort er-kennbar ist. Hilla und Bernd Becher hatten es seinerzeit aber verstand-en, diese Bauten foto-grafisch in ein milchig-graues Licht zu stellen, so dass von ihnen eine ge-wisse Faszination aus-ging. Sie waren als Zweckbauten dem Unt-ergang geweiht. Dem Künstlerehepaar ist es zu verdanken, dass wir unsere wunderschönen Fördertürme nicht mehr als reine und nüchterne Zweckbauten ansehen. Und sie haben für die Nachwelt den Untergang einer ganzen Industrie festgehalten. So weiß man wenigstens, woher man kommt und das die Zukunft ohne Vergangen-heit nicht denkbar ist.
Die Kathedralen des Reviers
1950 förderten rd. 500.000 Bergleute auf ca. 154 Schachtanlagen 100 Mio T Kohle. In 1956 stieg die Fördermenge auf 125 Mio.T SKE und die Beschäftigtenzahl stieg auf 600.000 Mitarbeiter. Anfang der 60 er Jahre begann aufgrund von preiswerteren Öleinfuhren das große Zechensterben und mit dem Sterben verschwanden auch die vielen Fördertürme nach und nach, die das Ruhrrevier prägten. Kaum Jemand dachte damals an den Denkmalschutz. Allein 1963 wurden 33 Pütts stillgelegt und sogleich abgerissen. 1968 wurde die Ruhrkohle AG gegründet, in der alle ehemals selbständigen Zechengesellschaften zusammengeschlossen wurden. Die Zechenschließungen setzten sich bis heute fort und enden mit der Schließung der letzten verbliebenen Zechen, Anthrazit in Ibbenbühren und Prosper-Haniel in Bottrop am 31.12.2018. Wir haben für Sie einige Fördertürme fotografiert, die nicht dem Abrissbagger zum Opfer fielen und heute noch zu besichtigen sind.
Fotogallerie: Revierkohle, Foto oben: Zwielicht, pixabay.com
Josef Albers Muesum, Quadrat Bottrop
Das Farben-Museum in Bottrop ist dem Künstler und Bau-hausmeister sowie stellv. Direktor des Bauhauses, Josef Albers, gewidmet, der 1976 starb. Seine Sehnsucht nach Farben war grenzenlos. Be-rühmt wurde er mit der Serie „Homage to the Square.“ Die Ausstellung „Kunst und Kohle. Bernd und Hilla Becher“ ist im Josef Albers-Museum noch bis zum 23.Sept. 2018 zu bewund-ern.
Josef Albers-Museum Quadrat Bottrop
Im Stadgarten 20
46236 Bottrop
Öffnungszeiten:
Di bis Sa: 11.00 bis 17.00 h
So von 10.00 h bis 17.00 h
Mit Hilla Bechers Tod im Oktober 2015 ist eine Ära zu Ende gegangen. Und der Schirmer/Mosel Verlag verab-schiedete sich von seinem langjährigen Autoren-Team Bernd und Hilla Becher mit einer letzten großen Ver-neigung: In zwei Interviews geben die Künstler Einblick in ihr einzigartiges Schaffen, erzählen von Entbehrungen und Erfolgen, von Aufnahme-Techniken, ihrem Leben als Kunstschaffende und Kunst-ausbilder an der Düsseldorfer Akademie. Dem Medienwiss-enschaftler und Schriftsteller Ulf Erdmann Ziegler gab das Paar 2002 sein erstes länger-es Interview überhaupt, ver-öffentlicht in Art in America. Ziegler destilliert die Beweg-gründe, die die Bechers zu ihren formal strengen, enzy-klopädischen Bildserien von Hochöfen, Wassertürmen, Fachwerkhäusern etc. veran-lasst haben, und lässt die Autoren hinter den Bildern lebendig werden. Der Journalist und Autor Dominik Wichmann und sein Kollege Tobias Haberl trafen Hilla Becher 2008, ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes, und fragten sie nach den Möglich-keiten und Chancen, ihre Kunst nach fünf Dekaden gemeinsamen Wirkens unter veränderten Bedingungen weiterzuführen. Ergänzt wird der Band durch dokumen-tarische Photographien von Matthias Koch, der das Paar auf einigen seiner Expedition-en begleitet hat.
Hilla Becher, die Frau, die Kühltürme in Kunst ver-wandelte und damit der Industriekultur ihre Würde gab
Quellenhinweise:
Ruhrkunstmuseum.com; Welt vom 14.10.2015; Ruhr-Guide.de; Fotoluchs vom 23.09.2014 und RK-Redakti-on vom 5.08.2018