Nach 49 Jahren haben sich die steag-Chefs von ihrem Steinkohlekraftwerk in Voerde am 4.4.2017 verabschiedet. Die Konzernleitung hatte den sym-bolischen Ort ausgewählt, um nicht nur die end-gültige Stilllegung bekanntzugeben, sondern auch den Konzernverlust in Höhe von 221 Mio EUR für das Geschäftsjahr 2016. Das Kraftwerk wurde bis 2008 auch von der nebenan liegenden und eben-falls stillgelegten Steinkohlenzeche Walsum be-liefert. An der Trauerfeier nahmen nur 75 Beleg- schafsmitglieder teil. Der übrige Teil der 300 Mann starken Mannschaft war schon nicht mehr da. 50 Mitarbeiter werden für die endgültige Stilllegung noch benötigt, bevor auch sie verlegt werden oder in den Vorruhrestand gehen und im Kraftwerk die Lichter ausgehen.
Dabei wurde steag-Chef Joachim Rumstadt in der Ver-gangenheit nicht müde, die Umweltfreundlichkeit, die Modernität und die effiziente Arbeitsweise des Kraft-werks zu betonen, in das man noch vor wenigen Jahr-en viel Geld investiert hatte. So wurde das Kraftwerk 1987 mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage so- wie 1989 mit einer Stickstoffoxidminderungsanlage nachgerüstet. Und in 2005 hatte man die Rauchgas-entschwefelungsanlage teilweise erneuert und 2006 eine Retrofitmaßnahme zur Leistungssteigerung vor-genommen. Es half alles nichts. Im Maschinenraum der ehem. Turbinenhalle mußte Rumstadt Anfang April 2017 die schlechte Nachricht bekanntgeben: das 2340 Megawatt starke Kraftwerk mußte stillgelegt werden, weil die Energiewende der Bundesregierung den Betrieb unrentabel gemacht hat. Jetzt kostet das Kraftwerk nur noch Geld. Allein für die Stillegung und den Rückbau hat die steag rd. 150 Mio. EUR zurück-gestellt.
Zunächst wird die Anlage trockengelegt. Das heißt, das alle möglichen Flüssigkeiten aus den Rohren und Maschinen entfernt und entsorgt werden müssen. Dann werden die Maschinen und Anlagen demontiert und verkauft. Die noch vorhandene Kohle wird auf andere Kraftwerke verteilt. Dieser Prozess wird rd. 6 Monate Zeit in Anspruch nehmen. Danach beginnt der dreijährige Rückbau. Das Industriegelände wird da-nach wahrscheinlich verkauft.
Bereits im Nov. 2016 hatte die steag das Aus für das Kraftwerk West mit den Blöcken 1und 2 zum 31.3. 2017 bekanntgegeben. RWE hatte die Stilllegung des Kraftwerks Voerde mit den Blöcken A und B zum Ende des ersten Quartals 2017 angekündigt und nunmehr realisiert. (vgl.hz. unsere RK-Beiträge)
Das Steinkohlekraftwerk Voerde wurde 1970/71mit den Blöcken 1 und 2 West in Betrieb genommen. 1982 wurde der Block A mit 710 MW Leistung und 1985 Block B mit ebenfalls 710 Megawatt-Leistung in Be-trieb genommen. Das Werk verfügt über 4 Kohlestaub gefeuerte Benson-Kessel und 4 Turbogeneratoren. Die anfängliche Sorge der Bevölkerung in Voerde, das Kraftwerke würde ihnen im Umkreis von 25 km die Luft zum Atmen nehmen, erwies sich als unbegründ-et. Das Kraftwerk arbeitete bis zuletzt effizient und umweltfreundlich. Änderungen wurden schon vor der Einführung neuer Umweltbestimmungen vorge-nommen. Das Kraftwerk Voerde galt mit seinem BVT-Standard (Best verfügbare Technik) als europäisches Vorzeigekraftwerk.
Aufgrund der verordneten Energiewende hat der steag-Konzern wie alle anderen Energiekonzerne in Deutschland seit Einführung des EEG im Jahre 2000 regelmäßig Verluste bei den von Ihnen unterhaltenen Kraftwerken eingefahren. Diese reagierten mit Out-ssorcing , Stellenstreichungen und Kraftwerksstilleg-ungen. Bis 2020 will steag von den rd. 6100 Arbeits-plätze 1000 abbauen. Aber auch bei den Kommunen macht sich die schlechte Jahresbilanz bemerkbar. Sie bekommen anstatt 80 nur noch 55 Mio. EUR an Aus-schüttungen. Die Bundesnetzagentur hat der Still-legung zugestimmt, weil das Kraftwerk Voerde und das Kraftwerk West für die Aufrechterhaltung der Ver- sorgungssicherheit nicht systemrelevant ist. Nach Auskunft der IG BCE konnten soziale Härten sowie betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Das ist der einzige Trost bei diesem trostlosen Er-eignis. Zu erwähnen ist noch, das das Kraftwerk seit 1970 insgesamt 366.426.982 MWh (= 366 Terrawatt-Stunden) an Strom erzeugt hat. Mit dieser Strom-menge hätte man ganz Deutschland ein halbes Jahr mit Strom versorgen können. In den besten Jahren um 1980 herum beschäftigte das Kraftwerk noch 550 Mit-arbeiter. Bei Revisionsarbeiten wurden regelmäßig bis zu 600 Mitarbeiter zusätzlich auf Zeit beschäftigt. Vom wirtschaftlichen Erfolg partizipierten aber auch zahl-reiche Zuliefererfirmen, der Einzelhandel und natür-lich auch die Stadt Voerde mit ihren 37.400 Einwohn-ern sowie die Gemeinde Dinslaken.
steag-Chef Joachim Rumstadt Foto: PR
Man muß sich das einmal ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen: ein effizientes, umweltfreundliches und hochmodernes Kraftwerk wird zugunsten von Windkraft-und Photovoltaik-Anlagen stillgelegt, ob- schon diese nicht in der Lage sind, die Grundlast sich- er Tag und Nacht zu gewährleisten. Und außerdem ist der Strom, der aus regenerativen Energieträgern ge-wonnen wird, nicht speicherbar. Und immer wieder wird die absurde Behautpung aufgestellt , das Ganze geschehe, um den Co2-Ausstoß zu verringern, damit sich das Klima nicht noch weiter erwärmt. Absurd, weil es keinen wissenschaftlich belegten und signifi-kanten Einfluss zwischen antrophogen verursachtem Co2-Ausstoß und einer daraus resultierenden Klima-erwärmung gibt. Die durchschnittlichen Jahrestemp-eraturen haben sich trotz einer Verdreifachung der Co2-Emissionen seit 2008 nicht erhöht. Das wirft also diese steile Hypothese über den IPCC-Misthaufen, auf dem sie entstand. Ironie der Geschichte: Kohlekraft-werke erweisen sich trotz schlechter Zahlen als Kurs-raketen an der Börse. RWE plus 30, Uniper plus 50 Prozent. Im Durschnitt haben die Kohleaktien mehr als 30 Prozent im DAX 30 zugelegt. Analysten wie z.B. JP Morgan dämpften aber sogleich wieder die Eupho-rie und verwiesen auf die hohen Pensionslasten, die die Energiekonzerne RWE und E-ON bzw. Uniper als neue Tochter für die rd. 40.000 Mitarbeiter sowie für Rückstellungen in den nächsten Jahren zu wuppen hätten. Die reine Hoffnung auf eine weitere Steig-erung der Strompreise dürfte wahrscheinlich auch für Zocker an der Börse zu wenig sein.
Quellenhinweise:
vgl.hz.a. Manager-Magazin vom 31.3.2017; Ahlborn, Detlef: Energiewende gescheitert, in: vernunftkraft.de vom März 2017, steag-Pressemitteilung vom 4.4.2017; WDR vom 4.4.2017; Neue Ruhr-Zeitung vom 20.1. 2017, Westfalen-Post vom 01.04.2017; rp-online vom 4.4.2017 sowie RK-Redaktion vom 28.4.2017
Fotos: oben: ARD-Fotogalerie; Mitte: Revierkohle;