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Die Rohstoffgewinnung im globalen Süden ist ein Thema, das oft im Schatten des Fortschritts steht. Während wir in den Industrieländern von modernen Annehmlichkeiten und technologischen Errungen-schaften profitieren, sind es oft die Bewohner des globalen Südens, die den Preis für unseren Wohlstand zahlen. Ein besonders drastisches Beispiel für diese Ungerechtigkeit ist der Kohleabbau, der nicht nur ökologisch verheerende Auswirkungen hat, sondern auch das Leben der Menschen vor Ort auf eine Weise beeinträchtigt, die an die dunklen Tage des 19. Jahrhunderts im deutschen Steinkohlenbergbau erinnert.

Der Kohleabbau im globalen Süden wird oft von multinationalen Unternehmen betrieben, die sich in den entlegensten Regionen niederlassen, um an die begehrten Rohstoffe zu gelangen. Diese Unternehmen haben wenig Interesse an den Lebensbedingungen der örtlichen Bevölkerung oder an Umweltauswirkungen. Die Arbeitsbedingungen gleichen dabei durchaus denen des deutschen Steinkohlenbergbaus im 19. Jahrhundert.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in den Kohleminen des globalen Südens tätig sind, stehen oft vor unmenschlichen Bedingungen. Lange Arbeitszeiten, mangelnde Sicherheitsstandards und unzureichende Gesundheitsvorsorge sind an der Tagesordnung. Viele Arbeiter sind gezwungen, unter gefährlichen Bedingungen zu arbeiten, ohne angemessenen Schutz vor gesundheitlichen Risiken. Diejenigen, die versuchen, ihre Rechte zu verteidigen oder für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, sehen sich oft Repressionen und Einschüchterungen seitens der Unternehmen ausgesetzt.

Aber auch bei der Gewinnung von Lithium, Kobalt und Nickel, das zur Herstellung von Autobatterien für E-Autos benötigt wird, sehen die Arbeitsbedingungen auch in 2024 nicht viel besser aus.  Für jede Lithum-Ionen -Autobatterie mit einer Leistung von 64 kWh werden rd. 3840 Liter Wasser, 10-20 kg Lithium-Karbonat und rd. 10 kg Kobalt benötigt. Die Abbaugebiete in Bolivien, Chile,  Brasilien, Kongo und Peru gehören zu den wasserärmsten Ländern der Welt. Wir hatten über diese Problematik schon mehrmals ausfürlich berichtet: Siehe > hier und >hier

künstlerisches Kooperationsprojekt MAN & MINING

  • Einblicke in die Rohstoff-Abbaubedingungen der Arbeiter vor Ort und Ihre Folgen
  • Künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Bedingungen anhand von Kunstinstallationen, Fotos-und Videos
  • Krtitische Betrachtungen der Wertschöpfungsketten bis zum Verbraucher und Käufer von E-Autos und Mobiltelefonen
  • Flipchartmöglichkeiten, um seine eigenen Gedanken und Vorstellungen für die Besucher und Besucherinnen kundzutun

In der Ausstellung „Man & Mining“, die in der Völklinger Hütte in Völklingen noch bis zum 01.09.2024 und im Museum für Arbeit in Hamburg bis zum 01.05.2024 zu sehen ist, geht es um Arbeit. Harte Arbeit. Damals und heute. Genauer gesagt: um den Abbau von mineralischen Rohstoffen und die in die Abbaubedingungen involvierten Menschen. 

Das Thema wird in der Ausstellung aus künstlerischer Sicht beleuchtet. Das heißt, die beteiligten Künstler gehen das Thema mit Hilfe von Kunstinstallationen, Fotos-und Videokollagen an. Erläutert werden die Videos und Fotos anhand von Texttafeln. 

Dabei werden die Folgen des Rohstoffabbaus aus sozialökonomischer, umweltpolitischer und ökologischer Sicht aufgearbeitet und erläutert. Kritisch setzen sich die Akteure auch mit der Kohleförderung in China auseinander, da der Abbau, vor allem in den vielen Kleinzechen, dort ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt betrieben wird.  

Das Anliegen der Ausstellung, die problematischen Verflechtungen zwischen den Produzenten, den abhängig Beschäftigten, den beteiligten Akteure in der Wertschöpfungskette und die Auswirkungen auf die Umwelt durch die Rohstoffgewinnung künstlerisch darzulegen und mit dem Appell zu verbinden, das eigene Verbraucherverhalten zu überdenken, ist hoch, aber berechtigt. 

Die Künstler und Künstlerinnen belassen es nicht nur bei dezenter Kritik, sondern entwickeln auch utopisch klingende Ideen, wie die Energiegewinnung von Morgen aussehen könnte.   

Quellenhinweise: 

Hamburger Abendblatt vom 11.01.2024; Flyer „Man & Mining“ des Museums der Arbeit, Hamburg, WAZ vom 15.02.2024  sowie RK-Redaktion vom 14.02.2024

Fotonachweise: 

Header: pixabay.com. Montage und Ilustration: Revierkohle; links darunter: Revierkohle, Ausstellungsfoto: MDA Hamburg; darunter rechts: Revierkohle, Ausstellungsfoto: MDA, HH; links und rechts darunter: Revierkohle, Ausstellungsfotos und Videoclip: MDA, Hamburg, links darunter: Revierkohle; Grafik: MDA-Hamburg; darunter: Grafik: Völklinger Hütte

Passend zum Thema stellte Mario Bäumer vom Fachbereich Wissenschaft des Museums für Arbeit in Hamburg am 5.2.2024 als Referentin die Historikerin Dr. Helen Wagner vom Regionalverband Ruhr (RVR) aus Essen dem lauschenden Publikum vor. 

Sie referierte über die Entwicklung des deutschen Steinkohlenbergbaus Anfang des 19. Jahrhunderts und hob die Bedeutung der bergmännischen Erinnerungskultur in sichtbarer und unsichtbarer Form im Ruhrgebiet hervor. Die Erinnerungskultur hat sich im Revier mittlerweile als eine der tragenden Säulen des Kulturbetriebs entwickelt. Das belegen zum Beispiel die 250.000 Besucher, die allein in 2023 das Ruhr-Museum auf Zoll-verein XII in Essen besuchten. Kritisch merkte die Referentin an, das das Thema Frauen im Bergbau in der geschichtlichen Aufarbeitung bis heute zu kurz kommen würde.

Aufgabe des RVR für die Zukunft sei es, so Wagner in ihrem Vortrag, genauer zu definieren, wie sich die Klammer zwischen Tradition und Moderne so gestalten läßt, das sie auch offen für andere Subkulturen wird. Denn schließlich müssten die Menschen, die den aktiven Bergbau und die Stahlindustrie nur noch vom Hörensagen kennen, so mitgenommen werden, das auch Sie sich angesprochen fühlen. Das wäre nicht nur im Sinne einer prägenden Identitätsstiftung wichtig, wie sie z.B. durch das immaterielle Kulturerbe des allseits bekannten Steigerlieds oder die Bewahrung und Erhaltung der Museumszechen zum Ausdruck kommt, sondern auch, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft insgesamt zu stärken. 

Hierzu möchten wir anmerken, das die bergmännischen Tugenden als Werte auch für die Zukunft bedeutsam sein können. Das gilt u.E.n. auch vor dem Hintergrund, das sich der Arbeitsethos momentan sehr stark wandelt. Aber ohne ihn wird das Ruhrgebiet als Energiemetropole keine solche Leistung mehr hervorbringen, wie das Kohle und Stahlindustrie vermochten. 

Den Wandel als sichere Konstante zu begreifen, ist zwar richtig, hilft den Menschen im Revier aber nicht, das Gefühl von Unsicherheit und Fremdheit zu überwinden.  Das sollte man bei allen Überlegungen immer mit bedenken. Die Heimatministerin von NRW, Ina Scharrenbach, hob in einer Diskussion mit dem Historiker Per Leo im Funke-Medienhaus in Essen daher auch hervor, das das Ruhrrevier auf Kohle gebaut ist und das man darauf stolz sein dürfe. Der Bergbau würde mit seinen Landmarken bis heute das Lebensgefühl prägen. In diesem Sinne ist Heimat etwas, das nicht austauschbar ist, weil es einzigartig ist. 

Neben der prägenden Geschichte und Architektur zählten für die Menschen die gemeinsamen Werte und das Leben im lokalen Quartier vor Ort. Das sei die Voraussetzung dafür, das sich so etwas vielschillerndes wie Heimatgefühl entwickeln könnte.  Die Einzäunung in Wissens-, Kultur-und Metropolregion sei der falsche Ansatz, so der Historiker Leo.  

Auch wenn der RVR tatkräftig am Mythos Bergbau unter dem Motto „für ein starkes Stück Deutschland“, so die jahrelange Werbekampagne, geworben und mit dazu beigetragen hat, das die Industriekultur auch touristisch weltweit an Bedeutung gewonnen hat, so bleibt doch die ernüchternde Feststellung, das die Menschen im Revier nicht allein von der Industriekultur sowie den zahlreichen Rad-und Wanderwegen auf ehemaligen Zechengleisen leben können. Und das es nicht gelungen ist, große Investoren mit Großbetrieben an Rhein und Ruhr neu anzusiedeln. Und damit fehlen nach wie vor Tausende von Arbeitsplätzen, die durch die Stillegung der Zechen weggebrochen sind.    

Die Region ist insoweit seit rund 50 Jahren strukturgebeutelt. Das kann man deutlich an der Schaffung neuer Arbeitsplätze auf ehemaligen Zechenstandorten im Revier ablesen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Wobei man in den meisten Fällen auch nicht von neuen Arbeitsplätzen sprechen kann, da die meist mittelständischen Firmen nur umgezogen sind und ihre alten Mitarbeiter mitbrachten. In Ostdeutschland wiederholt man derzeit gerade diese politische Fehlplanung, in dem man dort den Braunkohlenbergbau auslaufen lässt, ohne ausreichend neue Ersatzarbeitsplätze anzubieten. Geschweige denn sagen zu können, woher eine gesicherte und preiswerte Energie in Zukunft kommen soll.        

Daher fließen weiter hohe Subventionen aus EU-Gelden (EFRE und RWP-Programm) in die west-und ost-deutschen Reviere, um die Städte wenigstens vor dem haushaltspolitischen Zusammenbruch zu bewahren. Aufbruch sieht anders aus. 

Ohne hohe Investitionen aus der Wirtschaft werden die Reviere auch weiterhin am Tropf des Staates hängen. Auch die viel beschworene Umstellung der Energiewirtschaft auf regenerative Energieträger oder der ebenso beschworenen Wasserstoffwirtschaft wird daran nicht viel ändern. 

Beides ist zum Scheitern verurteilt, weil erneuerbare Energien weder nennenswert neue Arbeitsplätze schaffen noch zuverlässig Strom produzieren können. Und die Herstellung von Wasserstoff samt neuer Infrastrustruktur ist wirtschaftlich nicht darstellbar. Das wird sich auch in Zukunft aus rein technischen Gründen nicht ändern. Und dem Steuerzahler steht das Wasser schon heute mitunter „bis zum Hals.“  Auch hierzu hatten wir schon ausführlich mehrmals Stellung bezogen. (siehe >hier ; >hier und >hier

Die Ausstellung „Man & Mining“ bewirkt bei verständiger Betrachtung aber eines: wir alle müssen gründlicher darüber nachdenken, wie man bei der Rohstoffgewinnung Mensch und Umwelt besser in Einklang bringen kann. Jeder Einzelne muß sich daher die Frage stellen, inwieweit das eigene Verhalten zu den unsäglichen Abbaubedingungen im globalen Süden der Welt mit beiträgt. Konkreter: brauchen Sie wirklich alle zwei Jahre ein neues Handy ? Glauben Sie wirklich, das Sie mit dem Kauf eines E-Autos das Klima retten ? Müssen Sie sich immer als Schnäppchenjäger hervortun ? Brauchen Sie wirklich ein drittes Kind, um glücklich zu sein ?Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Dennoch wird der Rohstoffabbau in großem Stil weitergehen müssen. Und das liegt nicht nur an der Geldgier der Rohstoffindustrie, sondern am wachsenden Energiehunger einer schnell wachsenden Weltbevölkerung. Auch auf diese daraus resultierenden Gefahren hatten wir bereits mehrmals aufmerksam gemacht. (siehe >hier und >hier

Glückauf !    

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Man & Mining-Ausstellung Völklinger Hütte und Museum der Arbeit
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