Kann man mit Hilfe von Wissenschaft und Technik Starkregen und Über-schwemmungen verhindern oder sogar den Planeten abkühlen?
Kann man, behaupten die Vertreter des Geo-Engineerings. In den USA versuchte man schon seit Anfang 1950 Hurrikane zu entschärfen oder aufzulösen, in dem man eine Atombombe im Zentrum des Hurrikans zündete. Grundsätzlich kann man aber Wolken nicht zwingen, gar nicht mehr abzuregnen, sondern nur zu steuern.
Hierzu bedient man sich einer Mischung aus Silberiodid ( chem. Verbind-ung aus Lod, ein gelblicher, im Wasser unlöslicher Salzbestandteil) und Aceton (aus Butanol und Ethanol-Gärung gewonnene farblose Flüssig-keit), um dieses Gemisch aus Flugzeugen zu versprühen, um in der Atmosphäre kleine Kondensationskerne zur Regenbildung zu erzeugen. Damit kann man in bestimmten Gebieten gezielt für Niederschlag sorgen. Große Unwetter können dadurch allerdings nicht verhindert werden.
Wenn die begrenzte Beeinflussung des Wetters durch gezielt herbeige-führte Niederschlagsbildung mittels Geo-Engineering grundsätzlich mög-lich ist, dann stellt sich die Frage, ob man durch Geo-Engineering auch den natürlichen bzw. den von Menschen gemachten Klimawandel auf-halten kann ? Und welche Risiken gibt es ? Mit diesen Fragen wollen wir uns im Folgenden beschäftigen.
Der Atmosphärenchemiker und Nobelpreisträger Paul Crutzen und der Klimawissenschaftler Frank Keutsch sehen das Geo-Engineering als Notbremse, falls die Reduktion der CO2-Emissionen nicht gelingen sollte. Beide Wissenschaftler planen daher ein erstes Freiluftexperiment. Im Rahmen des solaren Geoengineerings soll ein Heißluftballon aufsteigen, der 2 Kg Kalkteilchen in die Stratosphäre pusten soll. Mit Messgeräten will man prüfen, wie sich die Kalkpartikel in der Stratosphäre verteilen und verhalten. Das das Sonnenlicht reflektiert werden kann, beweisen die Vulkanausbrüche. Die Aschepartikel sorgen ebenfalls für eine Art Sonnenschutz und kühlen die Temperaturen herunter. Gerade bei Hitze-wellen verspricht man sich durch die Manipulation der Wolken große Vorteile.
Einige Wissenschaftler wie z.B. Corey Gabriel von der Universität Califor-nia in San Diego forschen daran, wie man mit künstlichem Schaum die Ozeane bedecken kann, um den Planeten zu kühlen. (Stichwort: Ocean foaming, Albedo-Effekt oder auch als Microbubbles verniedlichend bezeichnet). Andere bieten preiswertere Lösungen an wie das anstreich-en von Häusern und Dächern mit weißer Farbe, um Hitze draußen zu halten.
Allerdings stellen sich in diesem Zusammenhang viele offene Fragen. So ist z.B. unklar, ob man auf Dauer mit Hilfe von Partikeln die Erde von der Sonnenstrahlung abschirmen kann. Was passiert, wenn man damit aufhört? Welche Auswirkungen hätte das auf die Ozeane? Könnte die Menschheit mit diesem Instrument verantwortlich umgehen ?
Geo-Engineering
solares und Carbon Dioxide Removal-Geo-Engineering zwei Technologie-Kategorien
Zwei technische Kategorien stehen im Mittelpunkt der Geo-Engineering-Forschung. Das solare Geoengineering (SRM) zielt darauf ab, Sonnenlicht zurück ins All zu reflektieren. Zu diesem Zweck sollen Meeres-und Landoberflächen großflächig mit Partikeln aufgehellt werden.
Die Carbon Dioxide-Removal-Verfahren (CDR-Geo-Engineering) ver-folgen das Ziel, Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu ent-fernen und unter der Erde und im Ozean zu speichern.
Ursprünglich kommt das Geoengineering aus dem Militär. Als militärisches Mittel soll das Wetter manipuliert werden, um militär-strategische Vorteile zu erzielen. In den Militärlaboren beschäftigte man sich mit einer Vielzahl von Techniken, um das Wetter zu beein-flussen.
Angefangen von der Meeresdüngung mit Harnstoff, um das Wachstum von Phytonplankton zu stimulieren, über die Ausbringung von Schwefeldioxid in der Stratosphäre, um eine spiegelnde Barriere gegen einfallendes Sonnenlicht aufzubauen bis hin zu einer Aus-dünnung von Cirruswolken ( fedrige, langgezogene Wolken in großer Höhe), um den Wärmeabstransport ins Weltall zu fördern, damit das Klima sich ingesamt auf der Erde abkühlt, war den Militär-Experten alles recht, was möglich schien. Klimaanwendung als Waffe sozusagen. Die Bundeswehr diskutiert über diese Möglichkeiten zwischenzeitlich eher kritisch.
Außerhalb der Bundeswehr gehen die Forschungen weiter, aber mit der Umsetzung ist man vorsichtiger geworden. Und zwar wegen den schlechten Erfahrungen mit dem Einsatz von Geo-Engineering-Techniken.
So hatte man z.B. in Mexiko auf Wunsch von VW dafür gesorgt, dass die vielen Neuwagen auf den betriebseigenen Parkplätzen nicht mehr von Hagelschäden heimgesucht wurden. Dies verhinderte man dadurch, indem man Schockwellen in die Atmosphäre schoss. Der Hagel fiel tatsächlich aus. Dafür fehlte den Bauern in den umliegenden Gebieten der Niederschlag. Dürre und Ernteausfälle waren die Folge.
Aber auch andere negative Folgen könnte das Geoengineering z.B. auf die Biodiversität und die Bodendegration haben, so die Heinrich-Böll-Stiftung in einem Positionspapier vom 27.09.2021. Sie warnt vor einem Dominoeffeekt auf das Ökosystem. Außerdem könnte Geo-Engineering zur Verschärfung von Machtungleichgewichten in der Welt beitragen, wenn die reichen Länder das Thermostat der Erde kontrollieren könnten. Die Stiftung belegt diese Befürchtung mit den nicht genehmigten Meeresdüngungsexperimenten HRSC in Haida, Kanada und SPICE in England vor der englischen Küste.
Die Stiftung verlangt daher, das eine grundlegende politische und nicht technische Diskussion über die Risiken und Folgen des Geo-Engineerings öffentlich geführt werden muß, um mögliche irreversible Auswirkungen dieser Technologien zu verhindern. Noch steckt das Geo-Engineering allerdings in den Kinderschuhen, um einen ernsthaften und mögllicherweise irreversiblen Einfluss auf das Klima nehmen zu können.
Quellenhinweise:
N.N.: Geoengineering, Dossier, Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.) vom 27.09. 2021 (boell.de/geoengineering); N.N.: Geoengineering, Planungs-amt der Bundeswehr (Hrsg.) Berlin 12/2012; MDR.de vom 22.07.2021, 15:56 h; N.N.: Solar-Geoengineering: kann man den Planeten kühlen?, in: Deutsche Welle vom 27.09.2021; Schröder, Tomma, Stigler, Sophie: Verdunkeln wir doch die Sonne !, in: Deutschlandfunk vom 09.09.2021 sowie RK-Redaktion vom 03.11.2021
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