Multikulti gab es im Bergbau schon zu einer Zeit, da wußte man noch gar nicht, wie man das Wörtchen buchstabiert. In den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts kamen viele Türken, Polen, Spanier, Italiener u.a. „Gastarbeiter“ ins Ruhrgebiet, um auf den Zechen zu arbeiten. Die Verständi-gung unter Tage war dementsprechend schwierig.
Hinzu kam der Motoren-und Bohrhammerlärm. Das führte dazu, dass man eine kurzatmige Ersatzsprache finden mußte. Man sagte also nicht vornehm“ Herr Kollege, würden Sie mir bitte einmal den Hammer anreichen“, sondern kurz und knapp:“ gipma den Mottek!“ Fertich. Hinzu kamen die einschlägigen bergmännischen Begriffe.
Des Ruhrdeutschen Unkundige bezichtigen selbiges, eine primitive Sprach-schlamperei von minderbemittelten Dat-und Watsagern zu sein, die mit der Grammatik auf Kriegsfuß stehen würden. Weit gefehlt! Denn das Ruhr-deutsche kennt allerfeinste Nuancen, die dem Hochdeutschen fremd sind. Ömmes, Apparilo, Kawenzmann oder Schlawiner gehören z.B. zu diesen Nuancen.
Und da Ruhrdeutsch ein eingängiges aber zugleich auch komplexes Sprach-gefüge ist, streiten sich Sprachwissenschaftler darüber, ob es sich um einen Dialekt, einen Regiolekt, einen Soziolekt oder nur um einen Slang handelt.
Wie dem auch sei. In unserem neuen Podcast wollen wir diesen Feinheiten der Ruhrpottsprache nachgehen und auch die Frage beantworten, wie die Zechen es verstanden haben, die unterschiedlichen Sprachen und Kulturen der vielen „Gastarbeiter“ im Arbeitsalltag zu integrieren und aus den „Gast-arbeitern“ integrierte Schicksalgemeinschaften unter Tage zu formen, die auch heute noch gerne im Pott leben.
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das Ruhrdeutsche die kürzeste Verbindung zwischen Sachverhalt und Mensch
So bringt es der ehem. Mitarbeiter und Journalist der Öffentlichkeitsarbeit auf den Zechen Nordstern in Gelsenkirchen-Horst und Zollverein in Essen, Patrick Bierther, in seinem wundervollen Kultbuch „Ruhrgebiet“ gezielt auf den Punkt. Und neben der Beschäftigung mit dem Ruhrdeutschen hat er das Verhalten und die Region der Ruhris genau beobachtet. Die innige Liebe zum Revier kommt sowohl in seinen Betrachtungen zu Borussia Dortmund, zu den Halden und Zechen, zur Emscher und zu Herbert Grönemeyer als auch in seinen wehmütig klingenden Äußerungen zum Strukturwandel des Reviers zum Ausdruck. Wir haben dieses Buch geradezu verschlungen und möchten Ihnen daher dieses Kleinod der Ruhrkultur sehr ans Herz legen.
Das Buch ist im Komet-Verlag erschienen und kann unter der ISBN-Nr. 978-3-89836-900-8 erworben werden.