Nachbergbau trifft Elektromobilität
was ist Grubenwasser ?
Grubenwasser ist Wasser, das als Regenwasser durch den Berg fliesst und dabei verschiedene Mineralien und Salze aufnimmt und sich in den abgeworfenen Grubengebäuden der ehemaligen Zechen auf der Sumpfstrecke ansammelt.
Seit dem der aktive Steinkohlenberg 2018 aus ideologischen Gründen beendet wurde, besteht keine Notwendigkeit mehr, die untertägigen Grubenbaue durch eine untertägige Grubenwasser-haltung von Grubenwässern frei zu halten. Daher steigt das Gruben-wasser an. Da dieses u.a. salzhaltig und mit verschiedenen Schwebstoffen belastet ist, darf es nicht in die Nähe des Trink-wassers gelangen.
Aus diesem Grunde besteht die Notwendigkeit, das Grubenwasser abzupumpen. Bisher passiert das noch auf 13 Grubenwasser-zechen im untertägigen Kreiselpumpenbetrieb über Steigrohre. Bis 2030 werden die Grubenwasserzechen aber auf 6 Standorte reduziert und auf überirdischen Hängepumpenbetrieb umgestellt. Jedes Jahr werden auf den Grubenwasserzechen rd. 90. Mio Kubikmeter Grubenwässer über Steigrohre zu Tage gefördert.
bisheriger unterirdischer Grubenwasserbetrieb auf der Grubenwasserzeche Friedlicher Nachbar, Bochum, Video: Youtube
Lithium-Potential in Grubenwässern
Das Grubenwasser, dass aus 900 bis 1500 Meter Teufe hochge-pumpt wird (demnächst nur noch rd. 600 Meter mit Abstand von 150 Metern zu den trinkwasserführenden Schichten) ist mit 20 bis 23 Grad lauwarm und eignet sich mit Hilfe von Wärmepumpen auch zur Wärmenutzung. Hier besteht ein Potential von rd. 1300 Gigawatt pro Jahr. Damit könnte der Wärmebedarf von rd. 75.000 Einfamilienhäusern gedeckt werden. Neben der Nutzung von Grub-engas besitzt das Grubenwasser noch ein anderes Potential, welches im Rahmen der E-Mobilität und der Handynutzung dringend benötigt wird: Lithium.
Die RAG-Stiftung ist nicht die einzige Einrichtung, die an der Gewinnung von Lithium aus Grubenwässern interessiert ist. Die Deutsche Lithium GmbH will das Leichtmetall im Zinnwald in Falkenhain bei Leipzig ( Sachsen) abbauen und dort sogar ein neues Bergwerk für rd. 160 Mio. EUR errichten. Dort sollen noch rd. 40.375.000 Tonnen Erz in der Erde schlummern, welches mit einem vermuteten Lithiumgehalt von 124. 974 Tonnen versehen ist. Die Investoren wittern Morgenluft, weil Sie offenbar glauben, dass die E-Mobilität mit Lithium-Ionen-Batterien die Zukunft sein wird.
Man geht ferner davon aus, dass das neue Bergwerk Zinnwald rd. 30 Jahre lang wirtschaftlich betrieben werden kann. Der jährliche Ertrag wird mit 58 Mio. EUR beziffert, da das Bergwerk in direkter Nähe zu den großen Automobilherstellern liegen wird.
Ob die Deutsche Lithium GmbH der südamerikanischen Konkurrenz Parolie bieten kann, wird sich zeigen.
In der Grube Zinnwald wurde Übrigens bis 1920 175 Tonnen Zinn (reines Metall) und 55 Tonnen Wolframerz mit 490 Bergleuten gefördert.
Prof. Dr. Volker Presser vom Saarbrücker Leibnitz-Institut für neue Materialien forscht mit seinem Team im Rahmen des Forsch-ungsprojekts MERLIN derzeit daran, wie man den Rohstoff Lithium aus dem Grubenwasser effizient gewinnen kann, um die Import-abhängigkeit zu reduzieren. Die RAG-Stiftung unterstützt die Forschung mit 300.000 EUR.
Lithium ist im Grubenwasser zwar nur mit einem Anteil von 20 Milligramm pro Liter vorhanden, aber da jedes Jahr rd. 90 Mio. Kubikmeter Grubenwasser gefördert werden, macht es die Masse, so Prof. Dr. Presser.
Rechnet man dies nur für die ehemaligen Bergwerke im Saar-ländischen Revier hoch, dann werden jedes Jahr rd. 1900 Tonnen Lithium weggespült.
Da der Bedarf an Lithium in Deutschland auf rd. 30.000 Tonnen ab 2025 steigen könnte (soweit die E-Mobilität von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert werden sollte, Anm. der Red.), wäre das reine Verschwendung.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, das die Preise für Lithium steil nach oben gehen. Eine Tonne Lithium, welches unter umwelt-schädlichen Bedingungen hergestellt wird, kostete im Juli 2020 bereits 29.800 US-Dollar. Mit der Lithium-Gewinnung könnte die RAG-Stiftung die Kosten für die Grubenwasserhaltung verringern, sofern die Gewinnung wirtschaftlich tragfähig ist. Und das ist wie immer der Carlus-Knacktus.
wie wird das Lithium im Grubenwasser gewonnen ?
Antwort: zunächst nur im Labor. Grundlage für die Gewinnung ist die sog. ionenselektive Elektrochemie. Dabei fließt Grubenwasser durch eine Zelle, die zwei Elektroden mit unterschiedlicher Polarität enthält. Dabei werden Lithium-Ionen von einer Elektrode ange-zogen. Der Rest des Grubenwassers verlässt die Zelle wieder. Anschließend wird Frischwasser durch die Zelle gespült. Dabei sammelt sich Lithium und Chlor in Form von Lithiumchlorid an.
Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt, so das die Lithium-Konzentration im Wasser sich erhöht. Nach Verdunstung des Restwassers liegt dann der Lithium-Festkörper vor. Hört sich einfach und preiswert an.
Ob es das dann auch in der Praxis so sein wird, bleibt abzuwarten. Schließlich wird auch für dieses schlichte Verfahren viel Strom benötigt. Denn das Lithiumchlorid muß noch in Lithiumhydroxid bzw. Lithiumcarbonat umgewandelt werden, um es für die Batterie-herstellung nutzbar zu machen. Und die Aggregate dafür dürften auch nicht ganz billig sein.
Wie auch immer: die Lithium-Gewinnung aus Grubenwässern dürfte wahrscheinlich auch in Zukunft nur einen ganz kleinen Teil des Lithium-Bedarfs decken. Und dann ist die Gewinnung auch nur dann sinnvoll, wenn die E-Mobilität sich flächendeckend durchsetzt.
Daran hapert es aber bislang. Denn bis Ende 2020 waren laut Statista.com gerade einmal 194.200 E-Autos bei den deutschen Kfz-Zulassungsbehörden angemeldet worden. Das ist meilenweit von den angenommen Neuzulassungen von 1 Mio bis 2020 lt. Bundesregierung oder gar 5 Mio. bis 2020 laut einer Prognose der Unternehmensberatungsfirma McKinsey entfernt.
Quellenhinweise:
Sächsische.de vom 19.05.2021, DDV Mediengruppe Dresden (Hrsg.); sachsen. de vom 08.11.2018; geothermie.de vom 21.11.2018; Focus-Online vom 07.06. 2019; Statista.com vom 07.06. 2021; eddison.media.de vom 21.05.2019; LVBB-NRW.de vom 22.02.2019; Wallstreet-Online vom 04.03.2020; Bild-Zeitung vom 01.02.2021; idowa.de vom 01.02.2021; Westfälische Nachrichten vom 01.02. 2021; Frankenpost vom 01.02.201; Stutt-garter Zeitung vom 01.02.2021; green-spotting.de vom 25.11.2020; Zeit-Online vom 01.02.2021; SR 3, Panorama-Sendung vom 10.12.2020, 13.00 h; cmcmarkets. com vom 08.04.2021; leibniz-inm.de vom 05.05.2021 (Bergbau trifft Elektromobili-tät – Grubenwasser als Wertwasser) sowie RK-Redaktion vom 14.06.2021
Fotonachweise:
oben links: RAG-Archiv; links darunter: GWZ Walsum, RAG, darunter ( Museum): Norbert Kaiser, GNU gemeinfrei, C-BY-SA 3.0, wikimedia commons, ganz unten (Wasser): pixabay.com