erstmals in der Geschichte der RAG haben 200 Bergleute die Kündigung erhalten
Kumpels protestieren
die vertrauens-volle Zusammen-arbeit gerade in schwierigen Zeiten zeichnet unser Unternehmen aus
RAG-Chef Peter Schrimpf
Die Situation
Seit Gründung der RAG im Jahre 1968 galt die von allen Akteuren getragene Devise:“ Niemand fällt ins Bergfreie.“ Damit war gemeint, dass kein Bergmann nach Schließung einer Zeche arbeitslos werden sollte. Und daran hat sich die RAG bis Ende 2018 auch gehalten. Aber im Dez. 2018 wurden aufgrund politisch-ideologi-scher Vorgaben die letzten beiden Zechen in Deutschland, Prosper-Ha-niel und Bottrop und Anthrazit-Ibb-enbüren in Ibbenbüren für immer ge-schlossen. Seit Jan. 2019 bis Juni 2019 wurden von den ehemals 141 untertägigen Streckenkilometern auf Prosper-Haniel bereits 96 Strecken-kilometer durch Dämme explosions-sicher verschlossen. 45 Strecken-kilometer samt Bandstrassen, Ma-schinen, Zügen und Elektroeinricht-ungen müssen noch ausgeräumt (ge-raubt) werden. Ende des Jahres soll-en dann die noch offenen Schächte standfest verfüllt werden. Die Beleg-schaft hat sich in dieser kurzen Zeit nach dem Ende von verbliebenen 1.300 Mitarbeitern auf 805 reduziert. Wer bisher nicht in die Anpassung gehen konnte, wechselte zu anderen Firmen. Da der Rückzug schneller vor-angeht als geplant, hat die RAG nun 200 Bergleuten gekündigt, nach dem diese alle Jobangebote abgelehnt hätten. Auch gäbe es im Konzern keine freien Jobs mehr, so RAG-Chef Peter Schrimpf. Die RAG hat seit 1997 rd. 80.000 Bergleute sozialver-träglich abgebaut. Seit Gründung der RAG wurden über 250.000 Mitarbeiter sozialverträglich abgebaut oder auf andere Zechen eingesetzt. Davon wurde die Hälfte auf neue Arbeits-plätze zu Top-Konditionen vermittelt. IGBCE-Chef Michael Vassiliadis nannte das Verhalten der Bergleute fahrlässig.
Kumpels wollen klagen
Dem widersprechen die Kumpels lautstark. Viele sprechen von befri-steten oder Leiharbeitsverträgen mit erheblich schlechterer Bezahlung. Des Weiteren fragen die Kumpels, warum sie gekündigt wurden, ob-schon die RAG noch für rd. 10 Jahre Leiharbeitskräfte weiter beschäftigt. Sie haben sich daher an Rechtsan-walt Daniel Kuhlmann (38) aus Datteln gewandt, der in der Ver-gangenheit schon mehrfach gegen die RAG erfolgreich geklagt hatte. So wurde z.B. der Tarifvertrag zum so-zialverträglichen Personalabbau bei der RAG durch das Bundesarbeits-gericht für nichtig erklärt, da die Ver-setzung von 1.500 Mitarbeitern in das sog. Mitarbeiter-Entwicklungs-Center (MEC) einen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsverhält-nisses darstellte. Der Kündigungs-schutz wäre durch die Hintertür aus-gehebelt worden. Es hätte darüber hinaus zwingend eine Sozialauswahl vorgenommen werden müssen. Die Vermittlung in das MEC diente nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes nur einem Ziel: nämlich die schnellst-mögliche Vermittlung in irgendeinen Job. Mit dieser Art von Hilfe war die RAG bereits 2012 gescheitert, da nur sehr wenige Mitarbeiter über diesen Weg vermittelt werden konnten. Die meisten nicht anpassungsberechtigt-en Mitarbeiter schieden mit mittel-mäßigen Abfindungen aus dem Kon-zern aus. Das MEC wurde damals aufgelöst. Jetzt wehren sich die Kumpels erneut. Das letzte Wort hab-en nunmehr die Gerichte.