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Redox-Batterien: nun sollen organische Elektrolyte das Speicherproblem lösen

redox-rlussbatterie- revierkohle-grafikentwurf

das Zauberwort heißt Lignin

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Grafik Medizinkolbenflaschen in drei Größen

Forscher der Harvard University in Cambridge (UK) hatten Anfang 2000 eine Redox-Flussbatterie entwickelt, die Energie in organische Moleküle speichert, die in Wasser mit neutralem pH-Wert gelöst sind. Durch Modifikation der Molekülstruktur in den Lösungen für positive und negative Elektrolyte werden diese wasserlöslich. Dadurch verlieren die Elektrolyte nach 1.000 Zyklen nur rd. 1 % ihrer Kapazität. So sollen diese 20 Jahre halten. Aber stimmt das ?

Die Speicherkapazität der Redox-Fluss-batterie wird durch die Größe des Speicher-tanks bestimmt. Darüber hinaus soll sie äußerst wartungsarm sein. Aus diesem Grunde ist die Fluss – oder auch Nassbatt-erie genannt – ein vielversprechender Ener-giespeicher für erneuerbare Energien, behaupten die Experten der Harvard Uni-versity.   

harvard universitätslogo- revierkohle-oelbild

Aber ist dem tatsächlich auch so ist, wie einige Fachleute meinen? Wir  wollen das  im Folgenden prüfen.

Bisher ist es so, dass die Kapazität von Nassbatterien mit zunehmender Zykluszahl abnimmt und regelmäßig gewartet werden muß. Die Redox-Nassbatterie ähnelt in ihrem Aufbau der klassischen Starter-batterie, die sich vor allem in Autos befindet.  Redox-Nassbatterien taugen  für mäßige Belastungen, weshalb sie auch  in Wohnmobilen verbaut werden. Die Dicke der Bleiplatten ist hoch, weil der Akku auch weniger leistungsfähig ist. Mit der Zeit bildet sich an den Platten Bleisulfat. Und wenn die Batterie nicht regelmäßig geladen wird, bröckeln die Platten. So  verschlamm-en diese und das Ende der Nassbatterie ist in Sicht. Vorteilhaft ist der niedrige Preis. 

neues Nasszellenmanagement

Energiewende dank Lignin ?

the vision of Schaeffler and CMBlu

REDOX-FLOW

dicke baumringe mit grünem eichenblatt
Lignum (Holz) bewirkt die Verholzung der pflanzlichen Zellwand, Foto: pixabay.com

Seit 2018 tüfteln nun die Batterie-Experten der Firmen CMBlue und Schaeffler an großtech-nischen Speichern für regenerative Energieträger mit Hilfe von Redox-Flow-Batterien auf der Basis von organischen Elektrolyten. Die Redox-Fluss-Batterie ist ein Akkumulator, der ele-ktrische Energie in chemi-schen Verbindungen speichert, wobei die Reaktionspartner in einem gelösten Lösungsmittel, hier Lignin, vorliegen. Zwei energiespeichernde Elek-trolyte zirkulieren dabei in zwei getrennten Kreisläuf-en, zwischen denen in der galvanischen (Umwand-lungs) Zelle mit Hilfe einer Membrane der Ionenaus-tausch erfolgt. In der Zelle werden die gelösten Stoffe chemisch reduziert, wobei elektrische Energie frei wird.  Soweit die Ausführ-ungen einschlägiger Lexikas. 

was genau geht ab ?

Lignin als Abfallprodukt der Papier-und Zellstoffindustrie

redox-flussbatterie- ablaufdiagramm

Der Anspruch ist hoch. Schaeffler und CMBlue wollen eine organische Fluss-batterie als stationären Energiespeicher bauen, der in der Lage sein soll, volativ bedingte Schwankungen auszugleich-en. Ferner soll die Batterie auch Last-spitzen in Industriebetrieben glätten. Die Batterien sollen darüber hinaus auch als Pufferspeicher zur Entlastung von Mittelspannungsnetzen dienen.

Diese Zielvorstellungen darf man durch-aus als ambitioniert bezeichnen, weil die Geschichte der Redox-Flussbatterien bereits bis in die  Mitte des 20.Jahrhund-erts zurückreicht.

So ist  es bis heute nicht möglich, die Langzeitstabillität sowie die Energie-dichte wesentlich zu erhöhen. Außer-  

Ist das die Lösung ?

dem ist die Herstellung bis heute äußerst umweltschädlich und teuer. Und es ist egal, ob die Batteriezellen Vanadium-Bromid, Blei, Zink, Kobald oder Silizium-basiert her-gestellt werden.

Einzige Ausnahme scheint der Naturstoff Lignin zu sein. Lignin ist ein phenolisches Makromolekül, das sich aus verschiedenen Monomerbausteinen zusammensetzt.

Die festen Biopolymere bewirken eine Ver-holzung der pflanzlichen Zellwand und geben dem Pflanzenkörper Stabilität. Aber auch die Stabilität von Baumästen wird durch das Lignin gewährleistet. Es bietet der Pflanze auch Schutz gegen das Ein-dringen von Wasser.

Lignocellulose ist ein Rohstoff, der sich leicht land-und forstwirtschaftlich anbauen und nutzen läßt.

Da aber die chemische Industrie zwingend auf Kohlenstoffverbindungen und damit auf Kohle, Erdgas und Erdöl angewiesen ist, um z. B. Farben, Lacke, Klebstoffe, Kunstfasern, Dünge-und Pflanz-enschutzmittel herstell-en zu können, stellt sich die Frage, ob Ligno-cellulose eine echte Alternative zu den fossil-en Energieträgern darstellt. Wir glauben das einstweilen nicht.   

laborgeraete beispiel einer versuchsanordnung
technisches Prüflabor - Foto: RAEng Publications

Prototypenreife erreicht

sicher und nachhaltig ?

Lignin als Ausgangsstoff für die neuen Redox-Flow-Batterien gilt zwar als umweltfreundlich, weil hoch verfügbar und kostet wenig.

Aber als Energiespeicher der Zukunft, der in der Lage sein soll, volative Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, taugt die Batterie u.E.n. herzlich wenig.

Wir reden hier immerhin von einem jährlichen Strombedarf von rd. 650 Mrd. kWh. Wenn auch nur eine Woche Flaute herrscht, weil kein Lüftchen weht, wird keine Batterie in der Lage sein, die fehlende Energie auszugleichen.

Und was die Lastspitzen anbe-langt, da sollte man sich die monatlich veröffentlichten Lastgänge einmal genauer anschauen.

Die sog. Residuallast schwankt im Monatsdurchschnitt bei rd. 70 Gigawatt Leistung und wird bis-her ausschließlich durch fossil betriebene Kraftwerke ausge-glichen. Das ist die Differenz zwischen Bedarf und Nachfrage.

Diese wird sich in den nächsten Jahren aufgrund des weiteren Ausbaus regenerativer Energie-träger wie Wind-und Sonnen-kraftwerke erhöhen. Und damit steigt gleichzeitig die Gefahr eines Netzzusammenbruchs aufgrund zunehmender Schwankungen.

varta-nassbatterieaufbau als grafik
Foto: Varta - Retusche: Revierkohle

Eine Redox-Fluss-Batterie kann – je nach Baugröße und Typ – eine Leistung von einigen 100 Watt bis mehrere Megawatt bereitstellen. Das klingt viel, ist aber im Verhältnis zum flächendeckenden Bedarf fast nichts.

Zudem hat die Batterie die unangenehme Eigenschaft, dass sie nur eine geringe Energie-dichte besitzt.  Dieselkraftstoff weist z.B. mit 10 kWh pro Liter eine rd.400 fache Energiedichte  auf. Vorteilhaft dagegen ist ihre extrem lange Laufzeit von bis zu 20 Jahren, ihre Feuerfestig-keit  und ihre geringe Selbstentladung. Darüber hinaus ist sie weniger giftig als die traditionell hergestellten Batterien.

Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien wiegen Redox-Flow-Batterien wesentlich mehr und benötigen viel Platz. Zu Versuchszwecken wurde auf dem Platz der Ostfalia-Fachhoch-schule in Wolfsburg z.B. eine 5 Tonnen schwere Redox-Flow-Batterie installiert. Die weltgrößte Redox-Fluss-Batterie steht in einer japanisch-en Windkraftanlage und soll in der Lage sein, 4 Megwatt Leistung zu speichern.

Für den Einbau in E-Autos dürfte die Redox-Batterie daher wohl eher nicht in Betracht kommen. Das Redox-Flow-Projekt der Firmen Schaefler und CMBlue wird von der europäi-schen Union seit Jan. 2020 gefördert und hat eine Laufzeit von 4 Jahren. Die Firma Jena-Batteries will in 2021 den Schritt in die Serien-fertigung wagen.

Ob die flüssigen Elektrolyte auf der Basis des Abfallproduktes Lignin in Flussbatterien die energiepolitisch gewollte Wende beschleunig-en werden, bleibt abzuwarten. 

Quellenhinweise:

Handelsblatt vom 27.03.2020; Ingenieur.de vom 06.03.2020; Internationales Verkehrswesen.de vom 17.01.2020; Energie-Experten.de/ erneuerbare-energien/photovoltaik; Schaeffler-Pressemitteilung vom 30.11.2018; Promobil.de vom 21.02.2020; Elektromagazin vom 14.02.2017 sowie RK-Redaktion vom 06.04.2020

Fotonachweise:

Header-Entwurf: Revierkohle

Harvard-Logo-Retusche: Revierkohle; links darunter: pixabay.com; 

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