Die Forschungsstation Dome Concordia meldete am 18.3.2022 einen „Hitze“-Rekord in der Antarktis von minus 11,5 Grad Celsius in einer Höhenlage von 3000 Metern. Danach war für die Medien klar, das sich der Klimawandel nunmehr auch an den Polen drastisch auswirkt.
Im Osten der Antarktis sollen die Temperaturen sogar um 30 Grad Celsius höher gewesen sein, als es für die Jahreszeit üblich gewesen wäre. Außerdem würde die Häufung und Intensität an den Polen schneller voranschreiten, so der Meteorologe Geletan Heymes von Meteó France.
Auch die ARD-Tagesschau sprach von einem historischen Ereignis und bezog sich auf den Forscher Ted Scambos von der Universität Colorado, USA. Danach soll die Ausdehnung des Eises um 27 % unter dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 gewesen sein. Das wäre der zweitgeringste Wert der vergangenen vier Jahrzehnte. Experten sehen den Thwaites-Gletscher in der Antarktis als Schlüsselgröße des Klimawandels. Er wäre der entscheidende Kipp-Punkt.
Was ist von dieser Meldung zu halten? Stimmt Sie und wenn ja, wäre das ein Beleg für den Klimawandel ? Hatte Prof. Dr. Lativ nicht von mehreren Kipp-Punkten gesprochen und ist der Kipp-Punkt-Theorie nicht von etlichen Expert-en widersprochen worden?
Wir wollen der Sache einmal näher auf den Grund gehen.
das ungewöhnliche Wetter ist gar nicht so ungewöhnlich
Zunächst muß man die Medien wegen ihrer unpräzisen Berichterstattung kritisieren. Die Erwärmung in der Antarktis betrug nicht 30 Grad plus, sondern „kletterte“ von – 40 Grad Celsius auf – 10 Grad Celsius. Ein genereller Trend ist auch nicht feststellbar, so Experten der Antarktis-Station Georg Neumayer. Dort wurden im März Durschnittstemperaturen von – 13 Grad Celsius gemessen. Und im Osten der Antarktis betrugen die Temperaturen – 12,1 Grad Celsius.
Wie kann man sich diese Abweichungen erklären? Nun, es ist grundsätzlich möglich, das bei Randstationen wie die Dome Concordia am 70. Breitengrad der Antarktis zum Übergang ins offene Meer ein Schwall wärmerer Luft für einige Stunden durchzieht.
Dieses Phänomen tritt z.B. im Naturpark Berchtesgarder Land in der Gebirgsmulde des Funtensees regelmäßig auf, so der ehem. Klimaexperte Josef Kowatsch. Dort würden dann stundenweise Lufttemperaturen von unter 40 Grad herrschen. Die Ursache wäre eine sog. Tallage, in der sich die durch Ausstrahlung über Schnee entstehende Kaltluft sammelt und ausstrahlt. Diese Kälte wäre aber nicht repräsentativ.
Das glauben wir gerne. Denn im April 2022 lag die mittlere Durchschnittstemperatur in der Antarktis schon wieder bei – 3 Grad Celsius. Und zwar -3 Grad Celsius unter dem Mittelwert für den Zeitraum von 1958 bis 2021.
steile Thesen, aber nicht bewiesen
Aber nicht nur die Messdaten in der Antarktis werden ungenau oder sogar falsch wiedergegeben. Das gilt auch für die Festlanddaten.
So hat z.B. das königliche meteorologische Institut der Niederlande (KNMI) im Rahmen des sog. CMIP 6-Projekts ( Climate Model Inter-comparison Projekt) im Klima-Simulationsszenario SSP126 222 Modell-simulationen durchgeführt. Die modellierten Durchschnittstemperatur-en von 1850 bis 1900 reichen von 12,5 Grad bis 15, 5 Grad Celsius. Und diese Abweichungen und Ungenauigkeiten gehen bis heute weiter. Für die Zukunft wird ein durchschnittlicher Temperaturanstieg von 1,3 bis 3,1 Grad Celsius bis 2050 vorausgesagt bzw. vorausorakelt.
Lehner, Clark et al.*) haben in der Zeitschrift Earth Future einen Artikel veröffentlicht, in der sie die Robustheit der historischen CMIP6-Simu-lationen des KNMI mal etwas genauer geprüft haben. Sie kamen zu dem Ergebnis, das nur wenige der 222 Simulationen mit den realen Beo-bachtungsdaten übereinstimmen.
Es besteht auch sonst kein Grund zu der Annahme, das die Antarktis in irgendeiner Weise „kippen“ würde. Denn auf dem gesamten Globus wechseln die Oberflächentemperaturen zwischen Regionen mit über-durchschnittlicher Wärme und unterdurchschnittlicher Kälte. Das führt im Osten dann zu Warmluft-Senken, so der Meteorologe Christian Feuer. Kombinierte Zirkulationsmuster durchziehen gegen und mit dem Uhr-zeigersinn durch Hoch-und Tiefdruckgebiete, so daß es z.B. an der Küste Alaskas wärmer als in Florida im Juni sein kann.
Was lernen wir daraus?
1. die natürliche Klimadynamik ist ein komplexes und chaotisches Wechselgeflecht und 2. kann man von einer Warmluft-Senke nicht auf eine weiter voranschreitende Erderwärmung schließen.
-
Keep Scrolling Down
Quellenhinweise:
*) Lehner, F., Clark, MP: Robustness of CMIP6 Historical Global Mean Temperature Simulations: Trends, Long-Term Persinstence, Autocorrelation an Distributional Shape, in: Earth´s Future, Bd. 8, No. 10, Okt. 2020, in: ui.adsabs.harvard.edu; vgl.hz.a.: Eike.de. vom 16.06.2021; 20.03.2022; 21.03.2022; 25.03.2022 und 11.05.2022; ZDF, Heute-Journal vom 23.03.2022; ARD-Tagesschau vom 20.03.2022; watson.de vom 21.3.2022; NZZ vom 20.03.2022; rp-online vom 27.03.2022; Der Spiegel vom 24.03.2022; Zeit-Online vom 20.03.2022, BZ-Berlin vom 23.03.2022, Süddeutsche vom 20.03.2022; knmi.nl; FAZ vom 20.03.2022 sowie RK-Redaktion vom 11.05.2022
Headerfoto: pixabay.com; Veränderung: Revierkohle, links darunter: schwarzer Bär: pixabay.com; Veränderung unf Freistellung: Revierkohle