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Türkei: Nachtrag zum Grubenunglück

Rauch steigt aus dem Grubenlüfter der Unglückszeche A.T.I.M in Amasra am schwarzen Meer auf, Foto: Youtube-Screenshot

Am 15.10.2022 erschütterte die Türkei und ihre Menschen ein tödliches Grubenunglück. 41 Bergleute sind auf der Zeche A.T.I.M. in der Hafenstadt Amasra, 300 km nordöstlich von der Hauptstadt Ankara gelegen,  bei einer Schlagwetterexplosion ums Leben gekommen. 58 Bergleute konnten gerettet werden. In den Medien hieß es anfangs, dass die Explosion aufgrund eines defekten Stromaggregats ausgelöst worden sei. 

Wahrscheinlicher ist jedoch, das sich das Unglück aufgrund einer Methangas-explosion ereignete. Denn schon etliche Tage vor der Explosion hatten Berg-arbeiter auf ein Gasleck hingewiesen. Ein betroffener Bergmann, der gerettet werden konnte, sprach von einer sich ausbreitenden Druckwelle. 

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach vor Ort von einem Schicksal. So etwas könnte nun mal immer wieder passieren. Das war wohl der Versuch, unzureichende Kontrollen und Sicherheitslücken im Grubenüberwachungssystem zu verharmlosen. 

Auffällig ist außerdem, dass sich solche schicksalshaften Ereignisse gerade in türkischen Bergwerken in den letzten Jahren immer wieder ereignet haben. Zuletzt im Mai 2014 auf einer Schachtanlage in Soma, wo 301 Bergleute starben. Solche gravierenden Schlagwetterexplosionen hat es in deutschen Bergwerken in den 50er, 60er und 70er Jahren zwar auch gegeben. Durch die ständige Verbesserung der Sicherheitsanforderungen  und Kontrollen hatte es in den Bergwerken von 2000 bis 2018 aber keine Grubenunglücke mit tödlichem Ausgang mehr gegeben.     

Da stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Sicherheitsbestimmungen in den türkischen Bergwerken nicht so ganz genau genommen wurden und wer dafür die Verantwortung trägt. Fünf Verantwortliche des Grubenunglücks in Soma wurden damals veruteilt und erhielten Haftstrafe bis zu 22 Jahren und sechs Monaten. 

AUS

Immer wieder

überschatteten Grubenunglücke die TÜRKEI

Schon öfters kam in der Vergangenheit Kritik an den lückenhaften Sicherheitsbestimmungen in den türkischen Bergwerken auf. So warf die größte Oppositionspartei CHP den zuständigen Auf-sichtsbehörden vor, dass sie Berichte des Rechnungshofes aus dem Jahre 2019 ignoriert hätten. In diesem Bericht wurde vor den Gefahren einer Grubengasexplosion durch zu hohe Methangas-werte in der Amasra-Mine eindringlich gewarnt. Anstatt das Mess-und Meldewesen zu modernisieren, wäre nichts passiert. Für die Vernachlässigung von Sicherheitsvorschriften wird derzeit nach den Schuldigen gesucht. 

zwei Bergleute, die ihre Kameraden unter Einsatz ihres Lebens retten konnten, Foto: Youtube-Screenshot; Freistellung: Revierkohle

Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich 110 Bergleute auf der 300 Meter-Sohle. Erdogan versprach gegenüber den Hinterbliebenen finanzielle Hilfen. Ebenso der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis. Diplomaten aus der EU und Deutschland schickten Beileids-bekundungen.

Das es in den letzten Jahren immer wieder zu Unglücken auf türkischen Zechen gekommen ist, hat auch etwas mit der vor Jahren durchge-führten Privatisierung der einst staatlichen Gruben zu tun. Die Eigen-tümer sparen zugunsten der Sicherheit an allen Ecken und Kanten, um den Erlös zu steigern. Schon in 2014 kritisierte Hüseyin Bagci von der Middle East Technical University in Ankara, das Wachstum vor Sicherheit gehen würde. Die Folgen müßten die Bergleute tragen. Außerdem kontrolliert die Regierung die Zechenbetriebe zu wenig. Das ist an-scheinend bis heute so geblieben.

Aufgrund der zunehmend repressiven Politik von Erdogan gegenüber jeglicher Kritk und Opposition sind mittlerweile auch die Gewerkschaften in der Türkei stark geschwächt und scheiden daher als Kontrollorgan in den Betrieben immer mehr aus.

Es ist daher zu befürchten, dass dies nicht das letzte Grubenunglück in der Türkei war.       

Quellenhinweise:

Bild.de vom 15.10.2022; Merkur vom 17.10.2022; Deutschlandfunk vom 16.05.2014; BR24 (br.de) vom 15.10.2022, 16:25 h; Frankfurter Allgemeine vom 15.10.2022; spiegel.de  vom 15.10.2022; n-tv.de vom 15.10.2022 sowie RK-Redaktion vom 14.11.2022  

Fotonachweise: 

Header: Hintergrund: Bergleute in Acryl: Revierkohle ; Vorderbild: ATIM-Zeche: Youtube-Screenshot, Freistellung und Illustration: Revierkohle; 3 kleine Fotos i.d.Mitte: pixabay.com; Übersetzung: Aman Tamrin= oh mein Gott  

 

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